1852 -
Weimar
: Albrecht
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
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den König Philipp wurde der Umfang des Landes bedeutend erwei-
tert. Macedonien bildet eine große, auf drei Seiten von hohen
Gebirgen amphitheatralisch umschlossene, aber auch von mehreren
niedrigern Bergreihen durchzogene Ebene, von der Küste her er-
strecken sich weite Thäler bis tief ins Innere. Alle diese Thäler
wetteifern an Fruchtbarkeit mit den gesegnetsten Gegenden Griechen-
lands, mit welchem Macedonien auch fast alle Produkte gemein hat.
Die glückliche Bildung Griechenlands finden wir in Macedonien
nicht; während dort die einzelnen Flußgebiete und Gebirge ein Gan-
zes für sich bilden und nur wenig zusammenhängen, tritt uns in
Macedonien ein System von Flüssen und Gebirgsketten^ entgegen.
Der Charakter des hellenischen Bodens hört schon in Thessalien auf,
wo das ganze Land im Gegensatz zu Griechenland eine von einem
Gebirgsring umgürtete und von einem Flußsystem bewässerte Kes-
selebene bildet. Die See, welche mit ihren zahllosen Buchten so
wichtig ist für das eigentliche Griechenland, ist in Thessalien fast
ohne alle Bedeutung; die Vortheile der bedeutenden Küstenausdeh-
nung gehen für das innere Land verloren durch die hohen Gebirge,
die sich der ganzen Küste entlang ziehen. Die Beschaffenheit von
Macedonien hält gleichsam die Mitte zwischen der von Thessalien
und Griechenland; es hat die griechische Mannigfaltigkeit in einem
gröberen Maßstabe und wie Thessalien die Ringbeckengestaltung.
Macedonien hat, wenn wir Chalcidice ausnehmen, nicht eine solche
Menge Buchten wie Griechenland, aber das Land ist auch nicht wie
in Thessalien ganz von der See abgeschlossen; vielmehr liegt vom
Peneios an eine weite Ebene dem Meere geöffnet da. Diese Ebene
ist die Wiege, wenn nicht des Volkes, so doch des Staates der
Macedonier. Außer dem Grenzstrom Strymon münden alle Ge-
wässer des Landes, wie die Radien eines Halbkreises, in dem schma-
len Küstensaum von wenigen Meilen. Während die übrigen Land-
schaften in ihren Gebirgsthälern ein zwar beschränktes, aber ge-
schütztes Ganzes ausmachten, hatte diese Küstenebene für sich allein
etwas Haltloses. Hingegen als Theil eines größeren, jene Binnen-
länder umfassenden Reichs konnte sie aus der Benutzung ihrer na-
türlichen Lage die bedeutendsten Vortheile ziehen. Eine großenteils
fruchtbare Ebene sicherte den Bewohnern ihre Bedürfnisse; ihnen
stand zugleich der Seehandel offen, der um so gewinnreicher sein
mußte, als das Land die Mündungen der zum Theil schiffbaren
Flüsse inne hatte und für eine unverhältnißmäßig große Ausdehnung
der Stapelort aller ein- und ausgeführten Erzeugnisse war. In
der älteren Zeit wurden diese Vortheile nicht benutzt, später legten
die Hellenen hier Handelskolonien an und besonders verhinderte die
Uebermacht der Athener bis ins vierte Jahrhundert jede selbständige
Entwicklung des makedonischen Handels.
In den einsamen Gebirgsthälern Makedoniens hielten sich bis
in ziemlich späte Zeit Reste aller Völker, welche von Osten oder
Norden nach Griechenland gezogen waren. Die ursprüngliche Be-
völkerung Makedoniens bildete der große pelasgische Völkerstamm,
dessen Hauptsitz Griechenland war, und Thracier, welche besonders
in Pierien und am Helikon wohnten, aber auch die ganze Küste
Die älteste
Bevölkerung
des Landes
und die Wan-
derung der
Macedonier.