1852 -
Weimar
: Albrecht
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
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In Thunum hat sich Herodot mit der Ausführung und Vollendung
seines Geschichtswerkes bis an sein Lebensende beschäftigt, welches
erst nach 408 v. Chr. erfolgt ist. Sein Geschichtswerk ist wahr-
scheinlich nicht so weit vollendet, als er es beabsichtigt hatte.
Aus reinem Triebe der Forschung hat Herodot bedeutende Rei-
sen gemacht; er hat Aegypten bis nach Elephantine hinauf, Libyen
bis in die Umgegend von Cyrene, Phönicien, Babylon, wohl auch
Persien, die griechischen Staaten am cimmerischen Bosporus und
das angrenzende Land der Scythen sowie Kolchis besucht und Grie-
chenland und Unteritalien genauer kennen gelernt. Einzelne ausge-
arbeitete Theile seines Werkes soll Herodot zu Olympia, an den
Panathenäen zu Athen und an anderen Orten vorgelesen haben.
Sein Werk enthält die Darstellung der aus dem Kampfe mit persi-
scher Uebermacht siegreich hervorgehenden und durch der Götter Bei-
stand geretteten griechischen Freiheit. Herodot geht von der An-
nahme einer alten Feindseligkeit zwischen den Hellenen und den Völ-
kern Asiens aus und beginnt deshalb mit den frühesten Zuständen
von Asien. Er läßt die alten Erzählungen von dieser Feindschaft
bald fallen und geht zu der lydischen Monarchie, daun zu dem von
Cyrus gestifteten Reiche über. Die Eroberung Aegyptens durch
Kambyses, veranlaßt ihn zu einer umfassenden Schilderung dieses
Landes, sowie später der Zug des Darius gegen die Scythen ihm
Gelegenheit giebt, die Bewohner des nordöstlichen Europa und der
daran stoßenden Länder Asiens ssowie der Nordküste von Afrika zu
schildern. Erst im fünften Buche kömmt er zu der Ausbreitung der
persischen Macht in Europa, zunächst in Thracien und Macedonien,
und zu dem Aufstaude der kleinasiatischen Griechen. Die Unter-
stützung dieses Aufstandes von Seiten der Athener giebt dann Ver-
anlassung zu dem Zuge der Perser, welcher durch den Sieg bei
Marathon sein Ende erreicht und im sechsten Buche beschrieben ist.
Die folgenden Bücher erzählen in ausführlicher Darstellung den von
Ierres unternommenen Kriegszug bis zu dessen Ende. Auf die chro-
nologische Folge der Begebenheiten hat Herodot verzichtet; dagegen
ist ein Grundgedanke-— die Ueberwindung der Barbaren, welche
die Welt unterjocht, aber das freie Hellas nicht zu bewältigen ver-
mocht haben — der Faden, an welchen sich alles Einzelne anknüpft,
selbst die ausführlichen Länder- und Völkerschilde^ungen, welche als
Episoden eingeschaltet sind. Trotz des großen Umfangs der Dar-
stellung, welche sich fast über alle damals bekannten Völker der Erde
verbreitet, behält Herodot doch von Anfang bis zu Ende den Faden
in der Hand. Es liegt dem Werke eine höhere, innere Einheit zu
Grunde, die wir als eine epische bezeichnen können. Aber nicht
nur in diesem ununterbrochenen Flusse der Mittheilung hat Herodot's
Geschichte Aehnlichkeit mit einem Epos, sondern auch darin, daß
das Ganze durch gewisse Ideen zusammengehalten und von densel-
den beherrscht wird. Es ist dieses die religiöse Idee einer Weltord-
nung, welche jedem Wesen seine bestimmte Bahn und seine festen
Schranken angewiesen hat. Diese ewige Ordnung der Dinge besteht
von Anfang an in der moralischen Welt sogut wie in der physischen,
und kein Wesen kann die ihm gezogene Grenze überschreiten, ohne
sich selbst zu zerstören. Auch dem Menschen hat die Gottheit ein