1854 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
- Geschlecht (WdK): Jungen
24
fung und jährliche Abgaben versprach. Doch die verheißenen Ab-
gaben wurden nicht entrichtet und mit Ausnahme jener Geiseln wa-
ren die Britten wieder so frei wie vorher. Erst der Kaiser Clau-
dius erneuerte 43 n. Chr. den Versuch Britannien zu unterwer-
fen. Dieses Land wurde eine Palästra für die römischen Legionen;
doch richtete bereits Claudius das südöstliche England als römische
Provinz ein. Von den Statthaltern von Britannien verdient be-
sonders Julius Agricola, einer der tüchtigsten römischen Feldherrn
und Staatsmänner, Erwähnung, welcher gegen das Ende von Ves-
pasian's Regierung nach Britannien geschickt wurde. Er eröffnete
seine Wirksamkeit als Statthalter mit einem Angriff auf die Insel
Mona (Anglesea), welche ein Hauptsitz der Druiden war. Die
Schnelligkeit und Kühnheit seines Angriffs machten ihn zum Herrn
der Insel. In den zwei folgenden Feldzügen dehnte er die Grenze
seiner Provinz bis zum Fluß Taus (Tay) aus. Den vierten Som-
mer wendete er dazu an, durch eine Linie von Schanzen zwischen
den einander sehr nahe gelegenen Meerbusen Clota und Bodotria
das römische Britannien gegen die Einfälle der wilden Kaledonier
zu schützen. Später drang er sogar noch weiter in Schottland vor.
Aber ruhmvoller als seine Eroberungen war die Ordnung, die er
mit Milde und Gerechtigkeit in allen Zweigen der Verwaltung ein-
führte. Er suchte den Britten durch Verbreitung römischer Kultur
einen Ersatz für die verlorne Freiheit zu verschaffen, und es gelang
ihm schon in einer Zeit von drei Jahren, eine völlige Aenderung
in der öffentlichen Meinung und in dem Wesen der Britten zu
Stande zu bringen. Sie beeiferten sich, die Sprache und Sitten
der Römer anzunehmen; sie begannen nicht nur Städte, sondern
auch Tempel, Säulengänge, Bäder und andere öffentliche Gebäude
nach römischem Muster zu erbauen, und England wurde durch Agri-
cola's Bemühung in kurzer Zeit ebenso römisch, wie es Gallien
seit Cäsar's Zeit allmälig geworden war. Die staatskluge und weise
Verwaltung des Agricola gab dem größeren Theile Britanniens die-
jenige Form, in welcher es mehrere Jahrhunderte verwaltet wurde,
und dadurch zugleich die Veranlassung zu der politischen Trennung
der beiden Theile dieses Landes, welche von späteren Einwanderern
die Namen England und Schottland erhalten haben. Die römische
Sprache und Bildung scheint besonders in dem östlichen Theile von
England Eingang gefunden zu haben, während jenseits des Eng-
land durchschneidenden Gebirges die Erhaltung der keltischen Sprache
in Wales, Cornwall und auf den Inseln Anglesea und Man auf
die reinere Erhaltung der brittischen Volksstämme schließen läßt.
Der Kaiser Hadrian hielt es für rathsam, die von Agricola
in Schottland befestigte Grenzlinie aufzugeben und zwischen dem
Fluß Tyne und dem Solway- Meerbusen einen mit einem Gra-
den versehenen Wall, den noch jetzt sechs Fuß hohen Piktenwall,
auszuwerfen, welcher die eigentliche Provinz schützen sollte. — Die
Seeräubereien der Sachsen, welche als Inhaber der Inseln an der
Elbemündung und der gegenüberliegenden Länder Holstein und Ha-
veln bezeichnet werden, bewogen die Kaiser Diocletian und Maxi-
mian, zum Schutze der römischen Nordseeküste in der Person des
Menapiers Carausius einen Befehlshaber zu ernennen. Diese Stel-