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1. Geschichte des Mittelalters - S. 57

1854 - Weimar : Böhlau
5t Dichtern statt fand. Die Dichtkunst schien ein heiliges, geweihtes Geschäft. Odin bediente sich gebundener Rede. Die Poesie grenzt nahe an die Weissagung; der Vates ist zugleich Sänger und Weis- sager, Weissagung aber war das Amt der Priester. Die deutschen Priester waren nicht wie die gallischen Druiden zu einem streng ausgebildeten hierarchischen Systeme verbunden. Wenn auch den Priestern das Geschäft der Weissagung zuge- sprochen wird, so tritt dasselbe doch mehr als den Frauen zustehend hervor, als ein hauptsächliches Amt der Priesterinnen. Einzelne besaßen die Gabe der Weissagung in erhöhtem Grade und erschei- nen darum auch vor allen hochgeehrt. So eine brukterische Jung- frau, die durch ihr hohes Ansehen weithin herrschende Vele da, welche von einem hohen Thurme herab, den fle bewohnte, gleich einer Götterbotin ihre Orakel den ehrerbietig harrenden und reiche Gaben darbietenden Gesandten verkündete. Weniger erhaben als furchtbar erscheinen die grauhaarigen Priesterinnen der Cimbern, mit bloßen Füßen, in weißem Gewand, linnenem Wamms und mit ehernen Spangen gegürtet; sie schlachten die Kriegsgefangenen und weissagen aus deren im Opferkessel aufgefangenen Blute. Als höchster und oberster Gott wurde von allen deutschen Die Gott«. Stämmen Wuotan, in der nordischen Mythologie Odin genannt, verehrt. Sein Name bezeichnet ihn als den Weltgeist und bedeu- tet Geist, Verstand, aber auch Ungestüm und Wildheit. Wuotan ist die alldurchdringende, schaffende und bildende Kraft, der den Menschen und allen Dingen Gestalt und Schönheit verleiht, er ist der Wecker des geistigen Lebens, von dem die Dichtkunst ausgeht und die Lenkung des Krieges und Sieges, von dem aber auch die Fruchtbarkeit des Feldes, ja alle höchsten Güter und Gaben abhän- gen. Wuotan ist der weise Weltenlenker, dessen alles sehendes Auge in Beziehung auf die Erde die Sonne ist. Er ist der Gott des Wunsches, d. h. der vollkommensten Befriedigung alles geistigen Begehrens. Alle anderen Götter erscheinen nur als Ausflüsse, als Verjüngungen von ihm, als seine verschiedenen Eigenschaften, als Vollstrecker seines Willens. Er war nicht nur der Vater vieler Götter, sondern auch der ältesten Könige und Helden, er war All- vater. Dem kriegerischen Alterthum galt Krieg und Sieg als die edelste Beschäftigung des Mannes, darum sah es in Wuotan vor allem deren Leiter und Lenker. Als solchen dachte es sich ihn in voller Waffenherrlichkeit auf hohem weißen, die Lüfte durchfliegen- dem und die Wasser überschreitendem Rosse. Die im Kampfe ge- fallenen Helden werden von den Walküren nach Walhalla, in Wuo- tans himmlische Wohnung gebracht. Dort sitzen sie mit ihm an ei- ner Tafel, schmausen mit ihm und trinken Meth, welchen die schö- nen Walküren ihnen kredenzen. Der Gott selbst bedarf der rohen Kost des Fleisches nicht, er lebt nur von Wein. Nach dem Mahle ergötzen sich die Helden am Kampfe oder sie fahren mit Wuotan zur Jagd aus. Als König und oberster der Götter sitzt Wuotan auf einem Thron, welcher die Eigenschaft hat, daß wer ihn be- stei, gt die Erde und alle Wohnungen der Menschen überschaut. Wuotan steigt oft zu den Menschen hernieder und erscheint gütig
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