Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Geschichte des Mittelalters - S. 66

1854 - Weimar : Böhlau
66 Schöpfungs- sage. ziehen, wie alles dieses die Zwerge stört und zum Wegziehen ver- leitet, so ist das auch bei den Riesen der Fall. Die letzter» schleu- dern oft große Felsstücke auf christliche Kirchen, diese treffen aber nicht oder fallen nieder ohne Schaden zu bringen. Nach den Vorstellungen des Nordens, welche im allgemeinen auch die des alten Deutschland gewesen zu sein scheinen, war vor der Erschaffung des Himmels und der Erde eine ungeheure Kluft, die Kluft der Klüfte, der Abgrund, die Finsterniß. In der Oede dieses Raums stehn die beiden Enden sich entgegen; von dem südlichen (Muspellsheim) geht Licht und Wärme, von dem nördlichen (Nifl- heim) geht Dunkel und grimme Kälte aus. In der Mitte zwischen beiden lag ein Brunnen, dem zwölf Ströme entflossen. Als diese so weit ab von ihrer Quelle kamen, daß der in ihnen enthaltene Feuertropfe erhärtete, wurden sie zu starrem Eis, mit dem sich die nördliche Seite der ungeheuren Kluft füllte. Aber der südliche Theil strömte milde warme Luft aus, und als diese das Eis berührte, be- gann es zu schmelzen und zu triefen, und die Tropfen belebten sich, und ein Mann wuchs daraus, den der Norden Pmir nannte, ein bösartiger Riese. Dieser entschlief und fiel in Schweiß, da wuchs unter seinem linken Arm Mann und Frau, und sein Fuß zeugte mit dem andern einen sechshäuptigen Sohn. Und aus dem weiter forttriefenden Eis entstand eine Kuh, und vier Milchströme stoffen aus ihrem Euter, von diesen nährte sich Umir. Die Kuh beleckte die salzigen Eisblöcke, da kam am Abend des ersten Tages eines Mannes Haupthaar hervor, am folgenden Tag das Haupt und am dritten Tag der ganze Mann. Er war schön, groß und stark und hieß Buri, sein Sohn Börr. Börr nahm eines Riesen Tochter zur Frau und zeugte mit ihr drei Söhne, Odin, Vili, Ve. Diese er- schlugen den Riesen Umir, und aus dessen Wunden lief eine solche Menge Blut, daß alle Riesen darin ertranken; nur einer entkam mit seiner Frau in einer Wiege, und von ihnen stammt das jüngere Riesengcschlecht. Die drei Brüder warfen den Leichnam Fjinirs in die ungeheure Kluft und schufen aus seinem Blut die See, aus dem Fleisch die Erde, aus den Knochen die Berge, aus den Zähnen und zerbrochenen Knochen die Felsen und Klippen, aus dem Haar die Bäume. Aus dem gewaltigen Schädel machten sie den Himmel, an dem sie die aus dem Süden umherfahrenden Feuerfunken befestigten, daß alles von ihnen erleuchtet wurde. Die Erde war rund und von tiefem Meer umgeben, dessen Strand die Riesen bewohnen sollten. Um gegen diese die inwendige Erde zu schützen, wurden aus Amirs Brauen eine Burg erbaut. Des Riesen Hirn bildete, in die Luft geworfen, die Wolken. Noch aber fehlte der Mensch. Börrs Söhne gingen zum Meer- strand, fanden da zwei Bäume und schufen aus diesen zwei Men- schen, einen Mann und ein Weib, Askr und Embla. Odin gab ihnen Seele und Leben, Vili Witz und Gefühl, Ve Antlitz, Sprache, Gehör und Gesicht. — Die Zwerge endlich wurden erschaffen und empfingen Leben in Umirs Fleisch, der Erde, in welcher sie wohnen wie im Fleisch die Maden, die Götter schenkten ihnen Gestalt und Verstand der Menschen, sie blieben aber in der Erde und in den
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer