1854 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
- Geschlecht (WdK): Jungen
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entriß. Im folgenden Jahre setzte Belisar nach Rhegium über. Die
Städte Unteritaliens ließen ihn ohne Schwertstreich ein, nur Nea-
pel leistete Widerstand, ward aber mit Sturm erobert und der
Plünderung preisgegeben. Da Theodat nichts zur Rettung dieser
Stadt gethan hatte, sondern mit seinem Heere in der Nähe von
Rom stehen geblieben war, so brach in dem ostgothischen Heere
eine Empörung aus. Theodat wurde abgesetzt und Vitiges,
ein tapferer Krieger zum König ausgerufen. Theodat entfloh, ward
aber auf der Flucht erschlagen.
Mit Vitiges führte nun Belisar bis 540 einen Krieg, durch
welchen Rom, Mailand und andere Städte Italiens furchtbar ver-
heert wurden. Auch Schaaren von Burgundern, Alemannen und
Franken nahmen an diesem Kriege Theil und verwüsteten Oberita-
lien. Der Verschnittene Narses, welcher von Justinian mit ei-
nem zweiten Heere nach Italien geschickt worben war, wurde, weil
er Belisar keinen Gehorsam leistete, bald wieder zurückgerufen. End-
lich schloß Belisar den Vitiges in Ravenna ein und es gelang ihm,
durch listige Täuschung die Uebergabe der Stadt zu erreichen und
Vitiges gefangen zu nehmen. Nun wurde aber Belisar 540 zu-
rückgerufen, weil Justinian ihm nicht ganz traute oder auf seinen
Ruhm eifersüchtig war.
Nach der Entfernung Belisar's wuchs der Muth der Ostgothen
wieder. Justinian mußte damals seine besten Truppen zur Bekrie-
gung der Perser verwenden, und auch au der Donau wurde das
griechische Reich von germanischen und slawischen Völkern bedroht.
Die griechischen Beamten und nicht bezahlten griechischen Truppen
wurden durch ihre Erpressungen den Einwohnern Italiens unerträg-
lich. Alle diese Umstände ermuthigten die Ostgothen. Nachdem
nach einander Ilde bald und dann der Rugier Erarich zu Köni-
gen der Ostgothen erhoben und bald wieder ermordet worden wa-
ren, erwählten die Gothen 541 einen ihrer Führer, Totilas, zum
König und erhielten in diesem einen tüchtigen Feldherrn und Re-
genten. Dieser versuchte von den wenigen Punkten aus, welche
noch im Besitze der Gothen waren, die Wiedereroberung Italiens,
drang bis nach Kalabrien vor und nahm Neapel ein. Diese Fort-
schritte bewogen endlich Justinian, den Oberbefehl in Italien (544)
wiederum in Belisar's Hände zu legen; allein er gab diesem ein so
schwaches und schlecht ausgerüstetes Heer mit, daß dieser nichts Be-
deutendes unternehmen konnte. Ganz Italien aber wurde furchtbar
verwüstet; viele Tempel, Grabmäler, Theater und andere Werke
der alten Zeit wurden zerstört, und was die Gothen und Griechen
verschonten, das wurde von fränkischen und alemannischen Raub-
schaaren vernichtet. Auf seinen Wunsch wurde Belisar 549 ab-
berufen und kehrte nach Byzanz zurück. Totilas rüstete um diese
Zeit eine Flotte, brandschatzte Sicilien, besetzte Sardinien und Kor-
sika und suchte die griechischen Küsten heim. Aber 552 sandte Ju-
stinian seinen Günstling Narses mit einem zahlreichen Heere von
Longobarden, Herulern, Gepiden, Armeniern und Persern nach
Italien, und dieser besiegte die Hauptmacht der Gothen in einem
Treffen, in welchem 6000 Gothen und auch Totilas fielen. Nun