1854 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
- Geschlecht (WdK): Jungen
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lichkeit. Deshalb sollte das Volk in der Religion gehörig unterrich-
tet, zur Ehrfurcht gegen Gott, zur Befolgung seiner Gebote und
zur Pietät gegen die Ellern angehalten werden, besonders aber die
Beamten durch treue Pflichterfüllung und gerechte Verwaltung den
Niederen als Beispiel vorleuchten, endlich Geistliche und Weltliche
einträchtig und zur gegenseitigen Hülfe bereit sein.
Der Staat soll ein christlicher Staat sein und man sucht, wenn
auch noch in roher Weise, seine Einrichtungen mit einem Geiste zu
durchdringen, wie er in der Kirche lebt; man knüpft die Vorsteher
der Kirche an den Staat und an den öffentlichen Dienst und man
will dafür auch den christlich-kirchlichen Einrichtungen einen Ein-
fluß auf die Leitung desselben und auf die Einführung desjenigen
gewähren, was für das Volk nothwendig oder heilsam erscheint.
Beide Gebiete, der Dienst im Staate und in der Kirche, sind von
dem König abhängig; auch die Geistlichkeit ist ihm untergeordnet,
und so selbständig in vielen Beziehungen die politischen, so auto-
nom die kirchlichen Gemeinden sein mögen, und so groß oft die
Macht ihrer Vorsteher innerhalb derselben erscheint, dem König sind
sie doch dem Rechte nach jcderzeitunterworfen, und seine unmittelbare
Einwirkung in jeder einzelnen Angelegenheit ist nirgends ausge-
schlossen. Auch die Fäden der Regierung über die verschiedenen
Provinzen liefen in seiner Hand oder an seinem Hofe zusammen.
Eine größere Unabhängigkeit erlangten die Gaugrafen erst in spä-
teren Zeiten. Anfangs stehen fast nur die deutschen Stämme mit
ihren eigenen Herzögen in einer gewissen Selbständigkeit da, wäh-
rend innerhalb des fränkischen romanischen Landes die Hauptleitung
der. ganzen Regierung von dem König ausgeht.
Deshalb war es nothwendig, daß dem König Männer zur
Seite standen, welche ihn mit Rath unterstützen und die Geschäfte
besorgen konnten. Bei dem durchaus persönlichen Charakter, wel-
chen alle öffentlichen Verhältnisse unter dem deutschen Königthum an-
nahmen, trat gerade hier eine Verbindung verschiedenartiger Oblie-
genheiten und Berechtigungen ein; die Männer, welche ursprünglich
nur den Dienst bei der Person des Königs hatten, wurden auch
für die politische Thätigkeit in Anspruch genommen; der Hofdienst
erschien unmittelbar auch als Staatsdienst. Dies ist im fränkischen
Reiche in sehr ausgedehnter Weise geschehen.
Nach alter deutscher Sitte theilte sich die Arbeit nach den ver-
schiedenen Bedürfnissen, so daß für Speise und für Getränk, für
Kleider und Geräth und für die Rosse besondere Diener bestimmt
waren. Sie wurden ursprünglich aus der Zahl der Unfreien ge-
nommen. Bei Fürsten und Königen gingen aber ihre Geschäfte
schon früh auf freigeborne Leute über, welche zugleich die Aufsicht
über zahlreiche Untergebene hatten. Diese Diener, welche die nie-
drigen Arbeiten verrichteten, waren immer noch unfreie Leute. In
jene bessere Stellung aber scheinen zuerst Mitglieder des Gefolges
eingetreten zu sein; andere sind gefolgt, und alle gelangten im
Laufe der Zeit an den verschiedenen Höfen germanischer Könige und.
später selbst bei den unter diesen stehenden Fürsten zu bedeutendem
Ansehn. Ihre Titel erinnerten fast immer noch an den Ursprung
des Verhältnisses, und die Dienste selbst sind auch bei der höheren