1854 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Karls Ver-
halten gegen
die Kirche.
Wohlthatig-
keitsanstalten.
Sonst bewies Karl den Geistlichen große Achtung; er erkannte
die Wichtigkeit derselben, sowohl für die religiöse und wissenschaft-
liche Bildung, als auch für den Staat, weil sie die Einzigen wa-
ren, welche den König gegen die emporstrebende Macht der welt-
lichen Vasallen unterstützen konnten. Er schützte die Geistlichen ge-
gen die Vasallen, ohne sie aber in ihrem Ansehen zu mächtig werden
zu lasien. Er schuf unter beiden Ständen ein Gleichgewicht, so daß
einer dem anderen die Wage hielt, er aber Herr über beide blieb.
Karl vermehrte das Ansehen, die Vorrechte und die Reichthümer
der Geistlichkeit. Zu diesen Begünstigungen gehörte besonders die
Einführung des Zehnten. Schon lange hatten die Bischöfe
die Laien ermahnt, den zehnten Theil vom Ertrage ihrer Güter an
die Priester zu entrichten, weil Gott es im alten Testamente aus-
drücklich befohlen habe; aber erst Karl erhob diesen Anspruch zu ei-
nem förmlichen Gesetz und nahm nicht einmal die königlichen Gü-
ter aus. Indeß fand sich anfangs wenig Geneigtheit zur Entrich-
tung dieser Abgabe; besonders schien sie den Sachsen eine Einbuße
an ihrer Freiheit und trug dazu bei, sie gegen das Christenthum so
halsstarrig zu machen. Die Bevorzugung der Geistlichen hatte aber
bei Karl ihre sehr verständigen Grenzen. Mönche und Weltgeist--
liche mußten sich der von ihm angeordneten Sittenverbesse-
rung unterwerfen. Den Geistlichen wurde verboten Waffen zu
tragen, Falken, Hunde und Possenreißer zu halten. Da er aber
ihre unüberwindliche Liebe zur Jagd kannte, so gestattete er ihnen
dieselbe unter der Bedingung, mit den Fellen der erlegten Thiere
Bücher einbinden zu lassen. Allen Geistlichen wurde Mäßigkeit,
Anstand, würdevoller Wandel eingeschärft und den Mönchen beson-
ders Arbeit im Felde und in den Schulen geboten. Aber auch in
die Kirchenlehren mischte sich Karl. Sogar im Widerspruch mit
dem Papste verdammte er den Bilderdienst und untersagte im gan-
zen Umfange seines Reiches die Anbetung der Heiligen. Ohne seine
Erlaubniß durfte die Geistlichkeit keine Versammlung halten, und
er selbst nahm auf den Kirchenversammlungen den Vorsitz ein. Die
Bischöfe, welche vom Volke und vom Klerus des bischöflichen Sitzes
erwählt werden sollten, ernannte er häufig ohne weiteres, und
Klöstern, die sich seinen Schutz gegen Eingriffe ihrer Bischöfe bei
Erwählung ihrer Aebte und in Betreff ihrer Güterverwaltung erba-
ten, gewährte er diesen, indem er sie zu königlichen Klöstern machte.
Die Kirche ließ sich Karls Machtsprüche gefallen, Papst und Kle-
rus beugten sich vor ihm, weil der Papst und mit diesem die
Einheit der Kirche auch wieder außerordentlich durch Karl gewann.
Wie an Einheit, so gewann die Kirche durch Karl auch an Aus-
dehnung, indem er Millionen Heiden zum Christenthume bekehrte
und im Innern Deutschlands Bisthümer gründete, unter denen Pa-
derborn und Bremen sich vorzüglich auszeichneten.
Auch die Wohlthätigkeitspflege wurde im Geiste der
christlichen Kirche geordnet und unter die Fürsorge der
Geistlichen gestellt. Es sollte allenthalben, insbesondere bei den
Stiften und Klöstern, für Hospitien und Armenhäuser gesorgt, und
Waisenmädchen unter Aufsicht der Geistlichen bei ehrbaren Frauen