Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Geschichte des Mittelalters - S. 234

1854 - Weimar : Böhlau
234 Auch im südlichen Europa mußten sich die früheren natürlichen Wege des Völkerverkehrs, zumal innerhalb des so unmittelbar an einander gewiesenen Handelsgebietes des mittelländischen Meeres, wieder öffnen. Die Annäherung des griechischen Kaiserthums an das westliche Europa traf zunächst Italien, das seiner Lage nach benachbarte und durch das Exarchat von Ravenna eine Zeit lang auch politisch mit Constantinopel vereinigte Land. Sehr dunkel ist der Anfang des italienischen Handels. Er begann wahrscheinlich mit Küstenfahrt westlich nach Frankreich und östlich nach den byzan- tinischen Provinzen am adriatischen und ionischen Meer. Der so- lidere Bau der Schiffe und die größere Schifffahrtskunde, welche die Italiener damals vor den Griechen voraus hatten, veranlaßten weiteren Fortschritt. Auf den Inseln der Lagunen hatten die vor Attila geflüchteten Bewohner des Festlandes 452 Venedig gegrün- det (S. 93). Da die Meereswoge die Schwelle der Häuser be- spülte und auf dem öden Sandboden der Inseln kaum eine Pflanze keimte, so wurden Schifffahrt und Handel nothwendig zur Erhal- tung des Lebens. Fischfang und Erzeugung von Seesalz waren die ersten Beschäftigungen. Die Fischereien waren eine Pflanzschule trefflicher Matrosen und lieferten nebst den Salinen dem Handel mit dem Festlande Gegenstände, welche dieses mit seinen Produk- ten erwiederte. Die Sicherheit der Inseln in der allgemeinen Ver- wirrung lockte Kolonisten herbei, und die Inseln bevölkerten und bereicherten sich schnell. Während Italien das Bild allgemeiner Verwüstung darbot, erschienen diese Inseln des adriatischen Meeres wie eine Oase inmitten der Wüste. Eine demokratische Verfassung mit vollziehender Gewalt der Tribunen verband sie zu einem poli- tischen Gemeinwesen, welches der freien Energie keinerlei Fesseln anlegte. Zur Zeit Theodorichs stand Venedig bereits fest genug, um der drohenden Konkurrenz Ravenna's die Spitze bieten zu kön- nen. Die Venetianer fuhren bereits durch das ganze adriatische Meer bis zu den griechischen Kflstenplätzcn. So entstanden ihre ersten Berührungen mit den Griechen. Diese erweiterten und be- festigten sich, als Justinian durch seine Feldherrn Belisar und Nar- ses das ostgothische Reich zerstörte; dabei leisteten ihm die Venetia- ner mit ihrer Flotte Beistand, und die Griechen bewilligten den Venetianern vielfache Handelsvortheile. Frühzeitig bildete sich die venetianische Staatskunst aus, durch rücksichtslose Benutzung günstiger Umstände Gewinn zu machen. Immer deutlicher trat dies hervor, als gegen das Ende des sieben- ten Jahrhunderts sämmtliche Inseln, von denen bisher jede ihren Tribun hatte, übereinkamen, ein gemeinschaftliches Oberhaupt, einen Dogen, zu wählen. Blieb auch die Regierungsform republikanisch, so war doch die Einheit gewonnen. Der Gedanke einer See- und Handelsherrschaft gelangte mehr und mehr zur Klarheit und wurde das Ziel des Strebens. Indeß ging die Entwickelung langsam. Karl dem Großen verstanden die Venetianer sich verbindlich zu machen, und der Kaiser erkannte die Unabhängigkeit der Republik an und verlieh ihr ein Handelsprivilegium für die italienischen Lande. Als Karl der Große die Kaiserkrone auf sein Haupt setzte, hatte Italien die barbarischen Einflüsse glücklich überwunden und stand
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer