1854 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
- Geschlecht (WdK): Jungen
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ten, um die Krone einem einheimischen Fürsten zu übertragen, vier
Wochen nach Otto's Tode, einen rohen jungen Mann, den Mark-
grafen Arduin von Jvrea, zum König ernannt. Die weltlichen
Großen waren mit dessen Erhebung und Regierung unzufrieden
und riefen den deutschen König Heinrich herbei. Heinrich war erst
1004 im Stande nach Italien zu ziehen. Er drang, ohne Wider-
stand zu finden, in die Lombardei ein und ward in Pavia gekrönt.
Aber in der Nacht nach der Krönung entstand ein wüthender Auf-
ruhr. Aus Rückficht auf die Stadt hatte Heinrich seine Truppen
vor den Mauern der Stadt ein Lager aufschlagen lassen; aber die
geringe Schaar, welche bei ihm war, vertheidigte ihn tapfer, und
die im Lager befindlichen Truppen griffen die Mauern der Stadt
an. Das Blut floß in Strömen, der königliche Palast und ein
Theil der Stadt wurden ein Opfer der Flammen. Unwillig kehrte
Heinrich Ii. sogleich nach Deutschland zurück. Dennoch ging er 1013
zum zweiten Male nach Jtcklien und empfing 1014 in Rom die
Kaiserkrone, kehrte aber, ohne seine Macht befestigen zu können,
über die Alpen zurück. Im Jahre 1020 kam der Papst Benc-
diet Viii. nach Deutschland, um die von Heinrich Ii. in Bamberg
erbaute Domkirche einzuweihen und um des Kaisers Beistand gegen
die Griechen zu erbitten. Heinrich zog 1021 nach Italien, brachte
die Fürsten von Benevent, Kapua und den griechischen Herzog von
Neapel zur Anerkennung seiner Oberhoheit und belehnte die Nor-
mannen, welche sich damals in Italien anzusiedeln begannen, mit
Aversa. Zwei Jahre nach seiner Rückkehr nach Deutschland, 1024,
starb Heinrich Ii. zu Bamberg, und mit ihm erlosch der sächsische
Königsstamm.
Zur Zeit der schwachen Nachkommen Karl's des Großen hat-
ten sich die Päpste manche Rechte über die Kirche angemaßt, welche
früher die Kaiser ausgeübt hatten. Während das Kaiscrthum
durch die Theilungen des Reiches, das Königthum durch die in-
neren Zerrüttungen geschwächt wurde, hatte das Papstthum mit
der Einheit der Kirche seine Kraft bewahrt, und durch die Zeitver-
hältnisse begünstigt, dieselbe geltend zu machen gewußt. Als durch
das Aussterben von Lothar's Stamm 875 die Kaiserwürde erledigt
war, vergaben die Päpste die Kaiserwürde eigenmächtig an andere
Karolinger. Nach dem Aussterben der Karolinger kam es dahin,
daß die longobardische Krone italischen Herzögen und burgundischen
Königen zu Theil wurde; nach Berengars Tode 924 krönten aber
die Päpste keinen dieser Könige mehr zum Kaiser. Sie erkannten
jedoch, wie sehr mit dem Glanz der Kaiserwürde sie selbst an Schutz
einbüßten. Daher wurde Otto I., nachdem er die Krone von Ita-
lien empfangen hatte, von Johann Xii. zum Kaiser gekrönt. Bon
da an blieb Italien und die Kaiserkrone beim deutschen Reiche;
und die deutschen Könige erhielten dadurch die Aufgabe, für die rit-
terlichen Ideen Karl's des Großen einzutreten, jedoch ohne die
Kraft von dessen ungetheiltem Reiche und umgeben von den Hin-
dernissen, welche die Macht und der Eigennutz der Großen, die
Gebrechen eines Wahlreiches und die Eifersucht der ausländischen
Fürsten entgegenstellten. Es stellte sich fest, daß der Papst dem
Kaiserthum
und
Papstthum.