1854 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Heerbann-
steuer
des Land-
volkes.
Ritter
und
Bauern.
ner bestimmten Anzahl berittener Knechte erscheinen mußten. Die
Beneficien wurden seit der Mitte des zehnten Jahrhunderts auch
feuda genannt. Sie bestanden in Grundstücken, Zehnten und an-
deren Gerechtigkeiten, selbst in Diensten und Abgaben, welche die
Grundholden dem Senior zu leisten hatten. Auch die Stifte und
Klöster mußten zum Unterhalte der auch zu ihrem eigenen Schutz
unentbehrlichen Krieger Lehnscontracte der mannigfaltigsten Art ein-
gehen, und manches Stück Kirchengut kam so in weltliche Hände.
Selbst die mächtigeren Grundbesitzer, welche im Heerbann zu Rosse
dienten, wurden in das neue System gedrängt. Der zersplitterte,
selten mehr aufgerufene Heerbann, ohne Glanz und kriegerische
Haltung, bot ihrer Kriegslust keine Aussicht, und außerdem ge-
währte die Verbindung mit einem Senior so manche Vortheile, daß
selbst größere Grundbesitzer häufig ein Gut einem solchen überga-
den und es von ihm als Lehen zurückempfingen. Die Verleihung
der Lehen geschah ursprünglich auf Widerruf. Da jedoch der Sohn
regelmäßig der Beschäftigung des Vaters folgte und sich dadurch
von Jugend an zu einem tüchtigen Rittersmann ausbildete, so war
es zum Vortheil des Herrn wie des Lehngutes, dasselbe vom Vater
auf den Sohn übergehen zu lassen. Konrad Ii. erhob daher 1037
in Italien die Erblichkeit zum Gesetz (S. 285), und auch in Deutsch-
land begünstigte er dieselbe, offenbar in der Absicht, die Abhängig-
keit der Vasallen von ihren Senioren und dadurch diese selbst zu
schwächen. Es wurde nun die Erblichkeit gewöhnlich durch den
Lehnsvertrag festgesetzt, und seit dem Anfang des zwölften Jahr-
hunderts galt sie als Herkommen.
Diejenigen, welche nach dieser Umwandlung gewöhnlich nicht
mehr in's Feld zu ziehen brauchten, hatten aber diese Erleichterung
nicht umsonst. Schon nach der alten Einrichtung (S. 192) mußte
der Heerbannpflichtige, der beim Aufgebot nicht mit ging, den Heer-
dann zahlen. Dieses dauerte auch jetzt noch fort; nur wurde das
Recht auf diese Buße häufig einem Stifte oder Kloster übertragen.
Ferner hatten schon ehemals die ärmeren Freien, die nicht in Per-
son auszogen, zur Ausrüstung Anderer einen Beitrag zu zahlen.
Beide Gesichtspunkte wirkten zusammen, daß den Höfen von den
Senioren ein Heerschilling als bleibende Heerbann st euer aufer-
legt wurde. Uebrigens bestand daneben der alte Grundsatz fort,
daß in der höchsten Landesnoth Alle aufgeboten werden konnten.
Auf diese Weise hatte das Seniorat das Unterthanenverhältniß
und größtentheils auch den Heerbann in sich aufgenommen. Die
Nation war nun in zwei Hälften getheilt, in diejenigen, welche
zu Kriegen und Fehden auszogen und diejenigen, welche daheim das
Feld bauten und mit Abgaben und Diensten beschwert waren. Die
Leistungen der letzteren konnten leicht gesteigert und das bloße Schutz-
verhältniß in Hofhörigkeit verwandelt werden. Erstere wurden mi-
lites, armigeri genannt, besonders nannte man die freigebornen
Lehnsmannen, welche zu Pferde dienten, milites oder Ritte r.
Sie bildeten die Hauptkraft des Heeres, waren die Begleiter ihrer
Senioren auf Reichstagen und bei Königswahlen und traten un-