1854 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Pfalzgrafschaft Konrads. Wenige Monate nachher starb Heinrich
der Löwe, 66 Jahre alt (1195).
Im Jahre 1191 war Richard Löwenherz auf der Heim-
kehr von Palästina in Oestreich erkannt und von Leopold von Oest-
reich gefangen genommen worden. Zwar erhob sich die allgemeine
Stimme gegen die Verhaftung eines Pilgers; aber Heinrich Vi.
ließ sich den Gefangenen ausliefern, brachte ihn nach der Burg
Trifels in Nheinbaiern und gab ihn nur gegen die damals sehr
große Summe von 150,000 Mark wieder frei (1194). Diese
Summe benutzte Heinrich Vi. zu einem Zuge nach Italien. Tan-
kred war 1194 gestorben, und mit Hülfe der Pisaner und Genue-
sen gelang es dem Kaiser in wenigen Monaten das ganze norman-
nische Reich zu erobern. Kaum war Heinrich in Palermo gekrönt,
als er eine Verschwörung entdeckt zu haben behauptete und mit
furchtbarer Grausamkeit die angesehensten Sicilianer hinrichten ließ.
Mit großen Schätzen und vielen Geiseln kehrte er nach Deutschland
zurück und ließ seinen Sohn noch vor empfangener Taufe zu sei-
nem Nachfolger erwählen. Den deutschen Fürsten machte er das
Anerbieten, sie möchten die Kaiserwürde in seiner Familie erblich
machen, dagegen wolle er die Erblichkeit aller Lehen anerkennen
und Apulien und Sicilien mit dem Reiche vereinigen. Schon wa-
ren viele Fürsten gewonnen, als der für Deutschlands Einheit höchst
wichtige Plan an dem Widerspruche anderer scheiterte. Die rege
Theilnahme an dem Schicksale von Palästina hatte gegen 60,000
deutsche Kreuzfahrer vereinigt. Heinrich bewog diese, durch das
Vorgeben an dem Kreuzzuge Theil nehmen zu wollen, nach Apu-
lien zu reisen, unterdrückte dort durch den Schrecken ihrer Waffen
einen Aufstand und entließ sie dann nach dem Orient. Während
Heinrich Vi. durch neue Grausamkeiten sein Volk erbitterte und
während er mit einem Plane zur Eroberung des griechischen Kai-
serreiches beschäftigt war, starb er an der Folge eines kalten Trun-
kes nach starker Erhitzung (1197), 32 Jahre alt, und hinterließ
nur einen drei Jahre alten Sohn, Friedrich.
Wenige Monate nach Heinrich Vi. starb der Papst Cöle- Innocenz in,
fl i n Iii., und alle Kardinäle wählten den Kardinal Lothar, einen
gebornen Grafen von Signia, der sich als Papst Innocenz Iii.
nannte. Er war erst 37 Jahre alt, hatte sich aber durch große
Gelehrsamkeit und strenge Sitten bereits die Achtung seiner Zeitge-
nossen erworben. Noch größere Bewunderung erregten bald seine
Charakterstärke und Festigkeit, seine ruhige Besonnenheit und Ge-
wandtheit in der Führung der Geschäfte. Gregor Vli. hatte haupt-
sächlich für die Unabhängigkeit der Kirche gestritten; Innocenz Iii.
(1198—1216) hob die päpstliche Macht auf eine noch höhere Stufe.
Das Christenthum sollte alles durchdringen, in diesem sollte alles
seinen Anfang und sein Ende haben. Der Papst sollte darüber
wachen, daß in der christlichen Welt alles in und aus christlichem Sinne
vollbracht werde. Die Könige der Welt sollten die höhere Autori-
tät des Papstes und in dem Papste einen obersten Schiedsrichter
anerkennen. Wie kleinere Herrn ihr Eigenthum den Bischöfen über-
gaben und von diesen als Lehen zurückempfingen, so sollten die Kö-