1854 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Empörung aus (1242). Nur in fünf Burgen behaupteten sich die
Ritter; das ganze Ordensland wurde durch Mord und Brand furcht-
bar verwüstet. Da gab ein hochbetagter Held, der Marschall
Dietrich von Bernheim, dem kleinen Häuflein der Deutschen
durch kühne Thaten und Erfolge wieder Muth. Und als ein Heer
von deutschen Kreuzfahrern Unterstützung brachte, schloß der Herzog
Swantepolk (1248) und (1249) auck die Preußen Frieden. Nun
wurden auch die kirchlichen Verhältnisse geordnet und das Land in
vier Bisthümer eingetheilt. Um das noch freie Samland zur Un-
terwerfung zu zwingen, wurde die Burg Memel erbaut. Als 1255
der König Ottokar von Böhmen und dessen Schwager, der Markgraf
Otto Iii. von Brandenburg mit einem zahlreichen Kreuzheere in
Preußen erschienen, wurde Samland zur Unterwerfung gezwungen
und eine neue Burg aus Dankbarkeit gegen den ritterlichen König
Königsberg genannt.
Noch war die Herrschaft des Ordens nicht befestigt. Um die
in den Kämpfen gefallenen Ritter zu ersetzen, nahm der Orden
manche keineswegs unbescholtene Männer auf. Ohne Schonung
wurde das arme Volk, welches bei der Verwüstung des Landes sich
selbst kaum das Leben fristete und noch die fremden Krieger ernäh-
ren sollte, zu harten Frohnen gezwungen, um die Burgen noch
mehr zu befestigen. Daher brach von neuem ein allgemeiner Auf-
stand aus, als die Ritter von den Litthauern eine Niederlage er-
litten hatten (1261). Die Kirchen wurden zerstört, die Priester auf's
grausamste ermordet, die deutschen Ansiedler erschlagen oder zu
Sklaven gemacht. Die Ritter wurden auf die nächsten Umgebungen
ihrer Burgen beschränkt, und eine Burg nach der andern wurde
von den Preußen erobert. Zwar führte Ottokar von Böhmen 1267
ein Heer herbei, aber der gelinde Winter gewährte den Preußen
zwischen unzugänglichen Sümpfen sichere Zufluchtsörter. Erst als
1270 der Marschall Konrad von Thierberg, ein tapferer, be-
sonnener Mann, die Anführung erhielt, kehrte das entwichene Glück
allmälig zu den christlichen Panieren zurück. Die Ritter suchten
nun aber auch das Heidenthum gänzlich auszurotten, und die Kämpfe
wurden wahre Vernichtungskriege. Am längsten widerstand die
Landschaft Sudauen, deren Bewohner, als sie sich nicht mehr be-
haupten konnten, ihr Land verheerten und nach Lilthauen zogen.
Damit war die Eroberung Preußens 1283 nach einem dreiundfunf-
zigjährigen Kampfe vollendet. Die preußischen Edlen (Withinge),
welche dem Orden treu geblieben waren, behielten ihre Erbgüter,
leisteten nur für Lehnsgüter die Heeresfolge und konnten sogar in
den Orden aufgenommen werden. Diesen zunächst standen die Frei-
lehnsleute, die von Zehentleistung und bäuerlicher Arbeit frei
waren. Die Kölmer (die das kulmische Recht hatten), waren
Gutsbesitzer aus preußischem Stamm, welche zu Zehnten und Zins
verpflichtet waren. Die übrige Masse der alten Preußen waren
Bauern und Hintersassen, die unmittelbaren Gntsunterthanen
des Ordens und zu verschiedenen Leistungen und Lasten verpflichtet.
Durch die Menge der eingewanderten Deutschen, welche
theils als Bürger und Handwerker in den Städten, theils als ein
im Verhältniß zu dem preußischen begünstigter Bauernstand im gan-