1854 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Verwaltung
in den Terri-
torien.
Regalien durch das Scepter investirt. Wenn sie jedoch dazu ein
besonderes Fürstenthum bekamen, so wurden sie damit mit der Fahne
belehnt.
Auf den Reichstagen wurden Reichsangelegenheiten jeder
Art berathen und beschlossen. Die Mitglieder erschienen in Person
und brachten auch ihre erwachsenen Söhne mit, die auf diese Weise
die Geschäfte kennen lernten. Neben den Reichstagen wurden auch
kleinere Versammlungen oder Hoftage gehalten. Die Wahl des
Königs geschah so, daß die großen Reichsbeamten die Vorwahl
vornahmen und das zahlreich anwesende Volk durch Aufheben der
Hände seine Zustimmung erklärte. Später fiel die Mitwirkung des
Volkes weg, und endlich blieb das Wahlrecht nur den sieben
Kurfürsten. Kurfürsten waren die Erzbischöfe von Mainz, Trier
und Köln und die vier Fürsten: der Pfalzgraf vom Rhein, der Herzog
von Sachsen, der Markgraf von Brandenburg und der König von
Böhmen. Der Wahlort wurde allmälig Frankfurt; die Krönung
geschah zu Aachen. Der Gewählte gelobte eidlich die Erfüllung
seiner Pflichten. In der Wahl zum König war zugleich die zum
Kaiser enthalten; es bedurfte nur noch der Consecration durch den
Papst, und diese geschah zu Rom.
Die Kriegsmacht des Reiches beruhte auf den Reichsdienst-
leuten und auf den Contingenten, welche die geistlichen und welt-
lichen Großen dem Reichsheere zuführten. Jeder Reichsstand stellte
sein Contingent zunächst aus seinen hörigen Leuten, aus seinen Mi-
nisterialen und Vasallen. Die Mängel dieser Einrichtung bewirkten
aber, daß seit dem 12. Jahrhundert der Kaiser und die Fürsten auch
Ritter, Knappen und gemeines Kriegsvolk in Sold nahmen. Ein
wichtiger Theil des Reichsheeres wurde die Truppenmacht, welche
die Städte kraft der für sie fortdauernden Heerbannspflicht dem
Kaiser oder ihren Fürsten zu stellen hatten. Durch Bedürfniß und
Uebung wurde das städtische Kriegswesen sehr ausgebildet. Die
Bestandtheile des Heeres bezeichneten die Banner der Herzöge, Gra-
fen, freien Herren und Städte. Das Reichspanier wurde dem Kai-
ser von einem Fürsten vorgetragen.
Die Landesherren in den einzelnen Gebieten oder
Territorien hatten die Gerichtsbarkeit, das Aufgebot der Vasal-
len und übrigen Freien zum Reichsheerdienst und zur Landwehr,
die Sorgfalt für die öffentliche Sicherheit, das Schutz- und Ge-
leitsrecht und die nutzbringenden Regalien. Auch das Recht mit
Zustimmung der Landstände Landesordnungen zu erlassen und das
Landrecht zu ändern stand nun den Landesherren zu. Die Lan-
deshoheit der Fürsten war vollständiger, als die der Grafen
und Herren, welche, trotz ihrer Reichsunmittelbarkeit, als un-
ter den Fürsten stehend angesehen wurden. Der Hofhält beruhte
auf den Ministerialen, welche nach den vier Hofämtern des Mar-
schalls, Kämuierers, Truchseß und Mundschenks eingetheilt waren.
Alles was zum Hofstaat und zur Hofdienerschaft gehörte, wurde
aus dem fürstlichen Haushalt ernährt. Bei den Stiften und Klö-
stern war das wichtigste Amt das des Gerichts- oder Thingvog-
tes (Advocaos), Er hatte den Schutz und die Vertretung der