1854 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
- Geschlecht (WdK): Jungen
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gemacht, und Griechenland bis auf einige von den Venetianern be-
setzte Häfen unterjocht. Nur der heldenmüthige Georg Castriota
behauptete sich bis zu seinem Tode (1466) in Albanien und Epirus.
Er war Murad, als dieser 1423 Epirus zum ersten Mal mit Krieg
überzog, mit drei Brüdern als Geisel übergeben worden. Er wurde
im Islam erzogen und erhielt früh eine Befehlshaberstelle. Durch
seine Tapferkeit erwarb er sich die Gunst des Sultans und den Bei-
namen Jskanderbeg (Fürst Alexander). Dennoch verließ er 1443
das türkische Heer, wurde in Albanien freudig aufgenommen und
schlug alle Angriffe der Türken siegreich zurück.
Mohammed führte bis zu seinem Tode siegreiche Kriege in
Asien und in Europa. Serbien, Bosnien und die Wallachei wur-
den erobert und bereits Streifzüge nach Krain, Friaul, Kärn-
then und Steiermark unternommen. Mit den Venetianern führte
Mohammed wegen ihrer Besitzungen im Peloponnes sechzehn Jahre
(1463 — 1479) einen blutigen Krieg und zwang die Republik
zu mehreren Abtretungen und zur Zahlung von Tribut. Schon
hatten die Türken in Italien Fuß gefaßt und 1480 Otranto einge-
nommen, und Mohammed richtete sein Auge auf Rom und schwor,
den Glauben an den Gekreuzigten von der Erde zu vertilgen, als
der Tod Mohammeds (1481) das Abendland von der Gefahr be-
freite. Sein Sohn und Nachfolger Bajazeth H. (1481 —1512;
liebte ein beschauliches Leben, und seine Kriege hatten geringen Erfolg.
Mohammed Ii. war nicht nur ein gewaltiger Krieger, sondern
auch Gesetzgeber. Er machte seinen Nachfolgern den bereits vielfach
geübten Grundsatz zur Pflicht, bei ihrer Thronbesteigung, um die
Ruhe und Einheit des Reiches zu sichern, ihre Brüder hinrichten
zu lassen. Der Sultan oder Großherr ist unumschränkter Ge-
bieter über Leben und Tod seiner Unterthanen und Besitzer alles
Grundeigenthums. Ihm zunächst steht der Großvezier, dessen
Palast die Pforte heißt und welcher den Vorsitz im Divan oder
dem hohen Rathe führt. Von großem Einfluß auf die Staatsver-
waltung und Rechtspflege ist das Collegium der Ulema's, die in
allen wichtigen Angelegenheiten um ihr Gutachten (Fetwa) befragt
werden und deren Oberhaupt der Mufti des Reiches ist. Die Pro-
vinzen werden durch Statthalter mit unbeschränkter richterlicher und
militärischer Gewalt regiert. Allen Statthalterschaften sind die beiden
Beglerbeg's von Rum und Anatoli vorgesetzt, unter ihnen verwal-
ten Pasch a's, Bey's und Aga's die Provinzen. Die Rechtspflege
besorgen die beiden Kadiaskere von Europa und Asien, unter ihnen
die Mollah's in den größeren, die Kadi's in den kleineren Städten.
Die Moslemen entrichten den Zehnten von dem Ertrage ihrer Güter,
die nicht muselmännischen Unterthanen (Rayahs) bezahlen Kopfgeld,
Grund- und Vermögenssteuer und werden durch harte Frohndienste ge-
drückt. Am drückendsten war für die Christen der Knabenzins, der
an den Sultan zur Ergänzung seiner Sklaven, der Janitscharen und
der besoldeten Reiterei (Sipahi's) gewöhnlich alle fünf Jahre abgelie-
fert werden mußte. Die Stärke des osmanischen Reiches lag in der
Vereinigung aller Macht und Gewalt im Sultan, dem nirgends eine
Schranke gesetzt war.