1858 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Jetzt, wo mächtige, streng in sich abgeschlossene Nationalreiche auf. Einfluß d»
traten, strebten alle produktiven Kräfte eines Volkes, die Anlagen seiner Avistia
Kunstfertigkeit so gut wie die Erzeugnisse des Bodens nach möglichst zkrb!,u°und
gleicher Vertretung. Der Ackerbau lag freilich noch darnieder und Gewerbe,
war mit wenigen Ausnahmen noch weit zurück im Vergleich zum Handel
und sogar im Vergleich zur Gewerbsthätigkeit. Die Unfreiheit des
Bodens und der Arbeit, wie sie die Leibeigenschaft mit sich brachte, die
Belastung von hundert dienenden Grundstücken zu Gunsten eines Herr-
schaftlichen Gutes mit Frohnden und zahllosen Servituten standen dem
Fortschritt des Ackerbaues entgegen. Dem Bauer fehlte das Interesse, und
die gezwungene Arbeit brachte dem Gutsherrn wenig Nutzen. Man
erzeugte nur, was man selbst verbrauchte, und auch dies nur in guten
Jahren. Weite Strecken blieben unangebaut. Mißernten waren häusig,
Kriege verwüsteten die Felder, und die drückendsten Abgaben, Militär-
pflicht und Einquartirung wurden auf die ländliche Bevölkerung gewälzt,
deren ganzer Erwerb oft nicht ausreichte alle die maniügfachen Steuern
an den Grund- und Landesherrn zu zahlen. Der steuerfreie Adel be-
nutzte seine Güter nur als Jagdrevier; für eine landwirthschastliche Ver-
waltung derselben hatte er weder Sinn noch Kenntniß. So fehlte den
Bauern das Beispiel jeder besonnenen Kultur von Seiten derer, die es
hätten geben sollen. In den Ländern, welche der Reformation beigetre-
ten waren, äußerte sich durch den Wegfall der vielen Festtage ein merk-
licher Einfluß auf die Vermehrung der Viehzucht, und in Folge davon
hob sich hier und da der Ackerbau. Polen und die Länder an der Ostsee
waren von der Natur so für den Ackerbau begünstigt, daß sie wenigstens
Korn mit geringer Mühe erzeugten. Dem größeren Theil des südlichen
Europa gab ein gütiger Himmel bei geringer Arbeit alles, was zur
einfachen Lebensnahrung nöthig war, und in Italien hatten die zahl-
reichen Freistaaten auch von dem Boden die schwersten Fesseln abgelöst.
Im allgemeinen wurde die Landwirthschaft noch am besten in der Nähe
großer Städte betrieben, wo nach ihren Erzeugnissen größere Nachfrage war.
Besondere Auszeichnung verdienen schon in frühester Zeit England
und die Niederlande. Ein öffentlicher Rechtszustand erleichterte das
Loos des Landmannes, und der angesessene Adel fand frühzeitig Interesse
an der Landwirthschaft. Auch die Gewerbsthätigkeit beschäftigte vielfach
die Landwirthschaft. In England gelangte durch die große Ausfuhr von
Wolle und den Bedarf der inländischen Fabriken die Schafzucht zu
hoher Vollkommenheit. In den Niederlanden gedieh der Flacksbau und
verbreitete sich von da in die deutschen Nachbarländer. Dagegen wur-
den Farbekräuter wie Waid, Kermes u. a., die sonst in manchen Theilen
Deutschlands viel gebaut worden waren, durch die indischen und ameri-
kanischen Färbestoffe fast ganz aus dem Handel verdrängt. Die Ver-
arbeitung des Leders nahm zu und die inländische Viehzucht befriedigte
nicht den durch Kriege gesteigerten Bedarf. Der Handel mußte also
durch Lieferungen von auswärts helfen, anfangs aus den nordischen
Reichen, später aus dem südlichen America. In Griechenland,
Italien und Spanien waren Seide, Südfrüchte, Oel, in Frankreich
Wein dem Boden dieser Länder eigenthümliche Produkte, welche von
jeher in den Handel kamen und deren Absatz bei zunehmender Nachfrage
sich vermehrte.
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