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1. Geschichte der neueren und neuesten Zeit - S. 459

1858 - Weimar : Böhlau
459 und politischen Schwärmerei, welche sich bei Klopstock riuch in seiner begeisterten Begrüßung der französischen Revolution kund gab. Ein großes Verdienst Klopstocks ist es, daß durch ihn zuerst die Maße und Formen des klassischen Alterchums für die deutsche Poesie gewonnen und in ihnen deutscher Geist und deutsche Stoffe dargestellt wurden. Länger als zwei Jahrhunderte war die Literatur der Griechen und Römer in Deutschland Gegenstand des eifrigsten Studiums gewe- sen, aber noch herrschte in Deutschland völlige Bewußtlosigkeit von dem inneren Werthe jener großen antiken Dichtungen. Man mißhandelte jene edlen Erzeugnisse deß römischen und griechischen Geistes als bloße Phraseologien und brachte nur hölzerne, geistesleere Nachahmungen des Antiken zu Markte. Man blieb Jahrhunderte lang aus dem Standpunkte des unmündigen, sich plagenden Schülers stehen, bis endlich mit Klop- stock die lange Schulzeit vorüber war, und das durch so lange Uebun- gen Erlernte, in Saft und Blut Verwandelte als freies Eigenthum des frei gewordenen Geistes an das Licht trat. Die Deutschen sind, wie kein anderes Volk, hinausgekommen über die bloß handwerksmäßige Be- schäftigung mit den Alten; die Maße und die Formen der Alten sind die unsrigen, ihre Anschauung ist unsere Anschauung, ihre Gedanken unsere Gedanken. Alles dieses beginnt mit Klopstock in Entwickelung und Blüthe zu treten. Er hat der deutschen Poesie die Versmaße der Alten gegeben, deren Nachahmung so oft versucht, aber niemals gelun- gen war. Durch die antiken reimlosen Verse hat uns Klopstock von dem handwerksmäßigen Klingeln mit Reimen, von dem todten Forma- lismus, in welchen unsere Poesie versunken war, frei gemacht, und uns die Richtung auf große Gedanken, als das den Vers Erfüllende und die Dichtung Erzeugende, auf eine edle, erhabene und wahrhaft dichterische Sprache gegeben. In der Messiade besingt Klopstock die Erlösung des Menschen durch Christus. Auf dieses religiöse Epos in zwanzig Gesängen gründet sich vorzüglich Klopstock's Ruhm, dasselbe ist in fast alle europäischen Sprachen übersetzt und vielfach erklärt und beurtheilt worden. Der hohe Werth des Gedichtes liegt in den lyrischen Partien; als Epos ist daß Gedicht vielfach getadelt worden. „Die Messiade, sagt Schiller, ist mir als ein Schatz elegischer Gefühle und identischer Schilderungen theuer, wie wenig sie mich auch als Darstellung einer Handlung und als epi- sches Werk befriedigt." Die Passionsgeschichte ist nicht geeignet zur epi- lcheir Behandlung, da sie für die Gestaltung wahrer Charaktere und die Schilderung wechselnder Handlungen wenig Stoff bietet und überdies als geheiligte Ueberlieferung dem freien Schaffen der Phantasie unüber- steigliche Schranken setzt. Die eigenthümliche Klassicität Klopstocks liegt in seinen Oden. Der lyrische Schwung, der in der erzählenden Dichtung ermüdet, ent- faltet sich hier zu einem majestätischen Fluge. In den Oden haben wir das vollständige Abbild von der Dichterpersönlichkeit Klopstock's; sie finb nicht nur der Ausdruck seiner tiefen religiösen Gefühle, sondern er feiert in denselben auch die Freundschaft, die Liebe und das Vaterland, und beglei- tet mit diesen Accorden sein ganzes langes Leben, so daß wir in den Oden Zeugnisse seiner frühesten wie seiner spätesten Productivität haben. Klopstock hat auch eine Reihe älterer Kirchenlieder umgestaltet und eigene
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