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1858 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Welt erlangt hatte, bestimmte Schiller seinen Aufenthalt in Weimar
zu nehmen (1787). Auf Goethe's Empfehlung wurde Schiller 1789
als Professor der Geschichte nach Jena berufen. Mit welchem
großartigen Sinne er seine Aufgabe auffaßte, geht aus seiner Antritts-
rede hervor: Was heißt und zu welchem Ende studirt mau
Universalgeschichte. Mit philosophischem Geiste suchte Schiller in
die Entwickelung der Menschheit einzudringen. Er war einer der ersten,
die daß Mittelalter gerecht zu würdigen verstanden. Er schrieb die Ge-
schichte der französischen Religioitskriege und die Geschichte
des dreißigjährigen Krieges. Dem Geschichtsstudium entzog ihn
die Philosophie. Seine ästhetischen Abhandlungen haben das Gebiet der
Aesthetik durch eine Menge fruchtbarer Ideen bereichert.
Der Poesie wandte sich Schiller eifriger wieder zu, seit er 1795
die Ho reu, eine Zeitschrift, herausgab. Zu derselben Zeit entspann
sich auch das freundschaftliche Verhältniß zu Goethe und Wilhelm von
Humboldt, welche beide auf die Entwickelung von Schiller's Geist einen
großen Einfluß gehabt haben. Durch Goethe wurde Schiller aus den
Regionen der Abstraction mehr auf das Reale und Individuelle hinge-
wiesen; Humboldt war Schiller durch seine Kenntniß des Alterthums
förderlich. Aus der Zeit des Zusammenwirkens mit Goethe stammen
die vortrefflichsten lyrischen Gedichte unseres Sängers. Im edlen Wett-
eifer dichteten beide Dichter ihre herrlichen Balladen. Die mit giftigem
Spott verbundene Opposition, welche die Horen hervorriefen, reizte
beide Dichter und trieb sie zu einer Gegenwehr. Sie machten nämlich
unter dem Titel Genien eine Anzahl von satirischen Epigrammen, in
welchen sie den herrschenden Geschmack, die schlechten Zeitschriften, die
gehaltlosen und schwachen Schriftsteller mit dem bittersten Spotte ver-
höhnten.
Aus dieser Periode stammen auch Schillers wahrhaft große Tra-
gödien. Mit Wallenstein hatte er sich seit 1790 beschäftigt; mit
Wallensteins Lager wurde 1798 das neue Theater zu Weimar einge-
weiht; die ganze Trilogie wurde 1799 vollendet. In einer durch Kriege
und Staatsumwälzungen hoch aufgeregten Zeit stellte Schiller eine be-
wegungs- und thatenvolle Periode der varecländischen Geschichte dar,
eine historische und imposante Größe, welche sich in der Zeit der gewal-
tigsten Gährungen emporgearbeitet hatte und in denselben unterging.
Der glücklichen Wahl des Gegenstandes entsprach die lebensvolle, künst-
lerisch vollendete Ausführung. Wie die Räuber, Fiesco und Don Car-
los gleichsam weissagende Bilder der französischen Revolution waren, so
war Wallenstein ein divinatorisches Vorbild für Napoleon. Die Wir-
kung auf die Nation entsprach der Größe der Idee und dem Gehalte
des Stückes. In Maria Stuart ließ sich Schiller wieder zu einer
sentimentalen Behandlung einer weiblichen Leidensgeschichte herab, wäh-
rend das Historische der behandelten Periode mehr zurücktrat.
Im December 1799 siedelte Schiller nach Weimar über, da er sich
jetzt ganz dem Drama widmen wollte imb ihm dazu die Nähe einer
guten Bühne ein Bedürfniß war. Unter Goethe's Direktion und unter
Schiller's Mitwirkung wurde das weimarische Theater eine Musterschule
deutscher dramatischer Kunst und naturgemäßer Darstellung. Schiller
strebte den Kreis des Dramatischen zu erweitern und versuchte seine Kraft