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1. Geschichte der neueren und neuesten Zeit - S. 487

1858 - Weimar : Böhlau
487 man die Landschaft auch ohne historische Gegenstände der Darstellung werth hielt. Ganz in gleicher Weise bildeten sich die Architektur- Malerei, die Thiermalerei und selbst die Kunst der Stillleben. Die Historienmalerei deß 17. Jahrhunderts ging mit allen Nebenkunst- gattungen aus der alten Schule hervor, sie gewann aber durch ihre naturalistische Richtung einen eigenthümlichen Standpunkt. Durch die Verbreitung classischer Bildung und Gelehrsamkeit wurde der Stoff für historische Gemälde außerordentlich erweitert. Dem poetischen Bedürf- niß, dessen die Kunst trotz des Naturalismus sich nie ganz entschlagen kann, wurde mit Fabelgestalten und Allegorien Genüge geleistet. Man strebte nach Glanz und Pracht, nach überraschenden, eindringenden Wirkungen, selbst auf Kosten der Schönheit und mit Vernachlässigung reiner Zeichnung. Die Kunst warf sich mit dem glücklichsten Erfolg auf das Studium der Farbe und des Lichts, wobei sie nicht nur höchste Naturwahrheit, sondern auch alle Zauber der Frische, Kraft und Har- monie erreichte. Hatte auch die Malerei noch unverkennbare Mängel auf dem Gebiet historischer Darstellung, so verschwanden diese fast sammt- lich, sobald sie sich der unmittelbaren Darstellung des Lebens widmete. Scheint es doch, als hätte sie die Augen jetzt erst aufgethan für eine richtige Auffassung der verschiedenen Charaktere unter den Menschen und ihrer individuellen Züge, für den Antheil, den Seele, Empfinden, Erlebnisse, Gewohnheiten u. s. w. an der äußeren Erscheinung haben. Der Hauptsckatiplatz malerischer Thätigkeit in dieser Periode waren Belgien und Holland; daß übrige Deutschland war dagegen arm an Talenten. Es waren überhaupt nur wenige ausgezeichnete Meister und mit diesen erlosch das schöpferische Kunstvermögen wieder. Man legte immer mehr Werth auf die Geschicklichkeit und Schnelligkeit der Aus- führung. An die Stelle wahrer Kunst trat die Kunstfertigkeit. Peter Paul Rubens (1577 — 1640) bezeichnet die Richtung und den Höhepunkt dieser Periode. Er war mit allen Gaben des Ta- lentes ausgerüstet, durch und durch eigenthümlich und umfaßte und erweiterte alle Gebiete der Malerei; zur höchsten Vollkommenheit fehlte ihm nur ein geläuterter Geschmack und ein edler Formensinn. Rubens war in allen Fächern seiner Kunst thätig, in der Historienmalerei nach allen Richtungen und Unterabtheilungen, wie als Maler von Bildnissen und Conversationsstücken, in Bildern des Lebens, von spielenden Kin- dern, liebenden Paaren, zu Trink- und Prügelscenen, wilden Thieren und blutigen Jagden, zu Landschaften und sogar zu Stillleben, so daß die ganze Malerei des 17. Jahrhunderts aus ihm hervorgegangen zu sein scheint. Dazu kömmt, daß er sich arich als Architekt und als Her- ausgeber eines architektonischen Werkes hervorgethan hat. Rubens besaß ein großes Maß von Eigenthümlichkeit und sein höchstes Ziel war die Natur. Kein Zauber der Kunst wirkte auf ihn wie der deß Lebens; diesen in seine Gewalt zu bekommen, erschien ihm als die höchste Aufgabe des Künstlers, und ein Mangel an Ueberein- stimmung mit der Wirklichkeit schien ihm selbst durch die höchste Schön- heit nichr ersetzt werden zu können. Daß Schöne und Reizende im Le- den mußte natürlich durch dieses Bestreben einer vollkommnen Ueberein- stimmung mit der Wahrheit im Abbilde der Kunst an Bedeutung un- endlich gewinnen, während das nur Poetisch-Schöne oder Geschichtlich.
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