1858 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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und sind bis heute das einzige europäische Volk, welches in Japan zu-
gelassen wird.
Trotz einzelner Widerwärtigkeiten blieb die holländische Macht so
lange ungefährdet, als sie auf den Inseln und Gewässern des indischen
Archipels das ausschließende Recht des Handels und der Schifffahrt be-
haupten konnte. Umfang und Werth derselben waren groß, und alle
Produkte der tropischen Zone fanden sich in denselben vereinigt. Vor-
zugsweise blieben aber die Gewürze bis zum Ende dieser Periode der
lohnendste Gegenstand des indisch-holländischen Handels. Der bei wei-
tem größere Theil der Ausfuhr der indischen Produkte geschah nach den
Märkten des Mutterlandes. Dreißig bis vierzig Dreimaster waren jähr-
lich zwischen Holland und Indien unterwegs. Eine wichtige Zwischen-
station war das 1651 den Portugiesen entrissene Vorgebirge der guten
Hoffnung.
Aber nicht nur Europa, auch Asien wurde dem Handel der Hol-
länder tributpflichtig. Indische Produkte wurden in China und Japan,
in Arabien und Persien begehrt und nicht minder hatte Vorderindien
mancherlei zu tauschen. So weit dieser Tausch zu Wasser geschehen
konnte, vermittelten ihn die Holländer. Einen großen Theil des Zwischen-
handels im südlichen Asien und im indischen Archipel hatten die Chine-
sen inne, welche eine ganze Vorstadt Batavia's bewohnten. Doch be-
durste es dazu besonderer Erlaubnißpässe, welche sich die Kompagnie
theuer bezahlen ließ. Mit den Molukken war jeder andern Nation der
Verkehr streng verboten. Die Ausfuhren von Europa nach Indien wa-
ren sehr gering. Silber war das hauptsächlichste Tauschmittel. Allmä-
lig errangen sich holländische Tuche und Leinwand Geltung auf den
indischen Märkten.
Die Verwaltung aller Besitzungen der Kompagnie war einem Ge-
neralgouverneur anvertraut, der mit königlicher Gewalt in Bata-
via residirte. Von hier geschahen die Fahrten nach den übrigen Gegen-
den Asiens, von hier wurde die Verbindung mit Europa unterhalten.
Die Kompagnie hatte eine eigene Art Staatswesen, geleitet durch den
Rath von Indien, Finanz- und Justizbehörden, eine Land- und See-
macht. Ihr Budget war beträchtlicher, als das der Generalstaaten
selbst. Die Einnahmen bestanden vornehmlich in den Handelsgewinnen,
in verschiedenen Gefällen und Abgaben, Verkauf von Ländereien, Pacht-
kontrakten, Kriegsbeute u. s. w. In der ersten Zeit ging alles gut von
statten, als aber später Unfälle eintraten und auch noch andre Nationen
auf dem zeither allein beherrschten Schauplatz erschienen, da zeigten
sich bald die Mängel am gesammten Organismus. Es fand sich ein
Deficit, welches mir jedem Jahr um Millionen zunahm. Das große
indische Kolonialreich glich mehr einer Handelsspekulation, als einer dem
Nationalwohl und der Nationalehre angehörenden Errungenichaft. Es
fehlte ihm der Zusammenhang mit dem Mutterlande. Ein beschränkter
Krämergeist hatte sich der Kompagnie bemächtigt; es fehlten in ihrem
Rath Staatsmänner. Man knickerte am falschen Ort, vernachlässigte die
Wehrkraft der Kolonie und ließ die Kriegsmarine verfallen. Die Hol-
länder haben sich nicht minder als die Spanier arge Grausamkeiten zu
Schulden kommen lassen, sie haben es nicht verstanden, sich die Zunei-
gung oder die Furcht der Einheimischen zu erhalten.