1858 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Hollands Handel mit Rußland sank seitdem Petersburg der
Mittelpunkt des russischen Handels geworden war. Der Gesammtwerth
des russisch - holländischen Handels betrug 1783 nicht viel über eine
halbe Million Rubel, während England süc acht Millionen aus-- und
für drei Millionen Rubel einführte. In Dänemark und Schweden
verminderte sich der holländische Handel theils durch die Einfuhren,
welche diese Länder aus ihren Kolonien machten, theils durch daß Ver-
bot der holländischen Manufakturen. Um die Mitte des 18. Jahrhun-
derts neigte sich die Bilanz zwischen Holland und Dänemark-Norwegen
zu Gunsten der letzteren, Holland mußte die Differenz mit edlen Me-
tallen decken. In Schweden war das Verhältniß für Holland günstiger.
Eins der wichtigsten schwedischen Erzeugnisse, Kupfer, war fast ganz in
den Händen Amsterdams. In England war die Erlassung der Schiff-
fahrtsakte eine That unmittelbarer Vertheidigung gegen die Ueberlegen-
heit des holländischen Handels. Am empfindlichsten wurden Zwischen-
handel und Rhederei der Holländer von den Bestimmungen der Akte
betroffen. Ihr kleines Land hatte nur wenige eigene Produkte und von
ihren Fabrikaten war nach England nichts auszuführen. Die nordischen
Einfuhren, welche auf holländischen Schiffen nach englischen Häfen ge-
macht worden waren, fielen nun weg. Die Handelskriege gegen die
Schifffahrtsakte erreichten das vorgesetzte Ziel nicht. Hohe Schutzzölle
und Verbote, welche die englische Handelspolitik zu Gunsten der natio-
nalen Manufakturen annahm, beeinträchtigten die holländische Industrie
eben so wie die Schifffahrtsakte die Rhederei. Die Handelsbilanz sank
seit dem Anfang des 18. Jahrhunderts mehr und mehr zum Schaden
der Holländer.
In Frankreich waren die Holländer bis zum Regierungsantritt Lud-
wigs Xiv. das vorherrschende Handelsvolk, durch ihre Hände ging mehr
als ein Drittel der Aus- und Einfuhren des Landes, und ihre Marine
besorgte nicht nur die Frachten zwischen französischen und holländischen
Häfen, sondern hatte sich sogar eines guten Theils der Küstenschifffahrt
bemächtigt. Seit dem westphälischen Frieden änderte sich der Stand
der Dinge. Colberts Merkantilsystem traf Holland zunächst und
am härtesten. Es kam zum Kriege zwischen Holland und Frankreich,
und das pariser Kabinet führte den Krieg ebenso mittelst Zolltarifen als
mittelst Soldaten. Holland, bei den Einfuhren nach Frankreich am
meisten betheiligt und begünstigt, trug die ganze Größe des Schadens.
Der Friede zu Nimwegen (1678) endete den Krieg und führte einen
Handelsvertrag herbei, in welchem man sich vollkommene Gegenseitig,
keit versprach. Allein dem Versprechen fehlte der ernste Wille es zu
halten. Frankreich hatte sich zur herrschenden Kontinentalmacht Euro-
pa's aufgeschwungen, und Holland, für seine Sicherheit besorgt, trat
auf die Seite seiner früheren Feinde. Der Widerruf des Edikts von
Nantes führte Holland eine große Zahl französischer Emigranten zu,
welche neue Fabrikationsweisen in das Land brachten. Vieles, was
bisher aus Frankreich bezogen worden war, wurde »un in Holland selbst
verfertigt. Dieser Umstand trug mit bei, Ludwig Xiv. zur Erneuerung
der Feindseligkeiten gegen die Republik zu bewegen. Erst der Friede zu
Utrecht (1713) gab Europa die Ruhe. Man schloß einen Vertrag, in
welchem die Interessen des holländischen Zwischenhandels bessere Rechnung