1858 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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fanden, als die Holländer erwarten konnten. Der Grund lag darin,
daß man in Frankreich auf die Kriegsflotte Mühe und Kosten verwen-
det, die Handelsmarine dagegen vernachlässigt hatte. Die Holländer
blieben noch längere Zeit im Besitz der nordischen Einfuhren; erst in
der Mitte des 18. Jahrhunderts nahmen die directen Verbindungen zu
zwischen französischen und baltischen Häfen. Gegen Ende des Zeitraums
neigte sich die Handelsbilanz ansehnlich gegen Holland.
In Spanien wurden nach dem westphälischen Frieden die hollän-
dischen Schiffe auf gleichem Fuß wie die der übrigen Staaten zuge-
laffen. Der ganze äußere Handel von Spanien, soweit er nicht Kolo-
nialhandel war, kam in die Hände der Holländer. In Spanien war
die Landwirthschaft verwahrlost und die einst blühende Industrie zerstört.
Holland führte der Halbinsel das Getraide zu und die Stoffe zur Be-
kleidung. Spanien dagegen lieferte den Holländern besonders Wolle
und erhielt als Fabrikat seinen Rohstoff zurück. Die großen Summen
der holländischen Einfuhren in spanische Häfen waren theils für den
Verbrauch des Binnenlandes bestimmt, theils gingen sie als Kommis-
sionsartikel spanischer Kaufleute in die Kolonien. Mit den spanischen
Kolonien führten die Holländer auch einen sehr einträglichen Schmug-
gelhandel. Als ein bourbonischer Prinz den spanischen Thron bestieg,
verloren die Holländer alle zeither genossenen Vortheile, und die Fran-
zosen wurden nun die in Spanien am meisten begünstigte Nation. Gegen
das Ende unseres Zeitraums erhielt Spanien eine Regierung, welche
die lange vernachlässigten materiellen Interessen des Landes beachtete
und nicht ohne Erfolg förderte. Unter solchen Umständen sank der hol-
ländisch-spanische Handel tief herab von seiner Höhe; den meisten Vor-
theil brachte noch die Kontrebande nach Westindien. Auch der Zwischen-
Handel nahm ab, je mehr die nordischen Staaten, besonders Dänemark
und Schweden, Aus- und Einfuhr auf ihren eignen Schiffen besorgten.
Mit Portugal schlossen die Holländer 1661 einen Allianz- und
Handelsvertrag, welcher den freien Verkehr zwischen beiden Reichen mit
vollständiger Gegenseitigkeit herstellen sollte. Die Holländer führten in
Portugal ein: Manufakturen, Getraide, Holz und Fische, dagegen führ-
ten sie aus: Südfrüchte, Weine und von den brasilischen Produkten
Zucker und Farbholz. Die holländischen Schiffe in Portugal nahmen
ab, als die nordischen Völker ihre Produkte selbst nach Portugal brach-
ten. Die Engländer schlossen 1703 einen vortheilhaften Handelsvertrag
mit Portugal, durch welchen sie das herrschende Handelsvolk in Por-
tugal wurden. Der Handel der Holländer mit Italien, den Län-
dern am Mittelmeer und der Levante wurde durch Frankreich
beschränkt, als dieses (1669) Marseille mit dem Monopol oder Stapel-
recht desselben ausstattete.
Wie herabgekommen auch der holländische Handel am Ende der
Periode erscheint, auf dem deutschen Markte hatten die Holländer
nichts verloren. Die Bilanz des Rh ein Handels mochte zur Zeit von
Hollands Blüthe gleichstehen, allein als diese zu welken begann, neigte
sie sich zum Nachtheil der Deutschen. Denn so lange auf den hollän-
dischen Werften der Schiffsbau für die halbe Welt betrieben wurde, so
lange der Zwischenhandel nach dem Norden im Zuge war, da waren
Holz und Wein der Deutschen ein Tauschmittel für die Kolonialwaren
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