1858 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): Jungen
568
Philipp v.
Ferdinandvi.
Karl Iii.
und unter fünfzehn Prozent Zinsen war nicht das geringste Darlehen
zu erhalten. Der Hof litt oft an dem Nothwendigsten Mangel, und
die spanische Armee, in den Niederlanden, Italien und dem Mutter-
lande, betrug kaum 20,000 Mann.
Karl Ii. war, obgleich zweimal verheirathet, kinderlos. Deshalb
spielten am Hofe die verwickeltsten Intriguen der Gesandten Frankreichs
und Oestreichs wegen der Erbfolge ihrer Regentenhäuser in Spanien.
Als Karl Ii. (1700) starb, berief sein Testament den Bourbon Phi-
lipp von Anjou, den Enkel Ludwigs Xiv., auf den spanischen
Thron (S. 360). Philipp V. (1701—1746) zählte erst siebzehn Jahre
als er seinen Einzug in Madrid hielt; er war ein sanfter, nachgiebiger
Jüngling, gegen die Priester knechtisch gesinnt und von seinem Groß-
vater an Gehorsam gewöhnt. Um dem auf Spanien lastenden Drucke
und der Verarmung entgegenzuwirken, schränkte Philipp den Hofstaat
ein und verminderte die Stellen der höheren Beamten. Aber die hier-
durch gewonnene Ersparniß war unerheblich und erbitterte den Adel.
Es kränkte den Stolz der spanischen Granden, daß viele Franzosen be-
deutende Stellen erhielten; Priester eiferten gegen die Herrschaft der
Fremdlinge, und zwischen den immer schroffer sich gestaltenden Parteien
versank Philipp V. in Schwermut!) und war zu keiner Theilnahme an
den Geschäften zu bewegen. Ludwig Xiv. gedachte Spanien durch
seinen Gesandten zu regieren und eine der französischen ähnliche Ver-
waltung einzuführen. Um der jungen Königin Maria Luise von
Savoyen, mit welcher sich Philipp V. vermählt hatte, keinen Einfluß
auf den schwachen König zu gestatten, hatte ihr Ludwig Xiv. die
stolze und herrschsüchtige Prinzessin Ursini als Oberhofmeisterin zur
Seite gesetzt.
Da auch der Kaiser Leopold für seinen zweiten Sohn, den Erz-
herzog Karl, die spanische Monarchie beanspruchte, so entbrannte der
spanische Erbfolgekrieg (1701—1714), der damit endigte, daß Philipp V.
Spanien, der indeffen zum Kaiser gewählte Karl aber die spani-
schen Niederlande, Neapel, Mailand, Sardinien und die
toskanischen Seehäfen an der westlichen Küste erhielt (S. 360
bis 366).
Als Philipp V. 1714 seine Gemahlin verlor, behauptete die Prin-
zessin Ursini ihren Einfluß auf den König. Das Vertrauen der Ur-
sini besaß Julius Alberoni. Er war der Sohn eines Gärtners in
Piacenza, hatte den geistlichen Stand gewählt und sich durch geistige
Regsamkeit, List und Schlauheit emporgearbeitet. Da nun Philipp V.
auf den Wunsch der Ursini, sie zu heirathen, nicht einging, sondern
seine Absicht aussprach, sich in angemessener Weise wieder zu vermählen,
so rieth Alberoni der Prinzessin, eine Fürstin zu wählen, die bescheidnen
Sinnes und schwachen Geistes sich blindlings ihrer Leitung hingeben
würde. Als eine solche schilderte er ihr Elisabet Farnese, die Bru-
derstochter des regierenden Herzogs von Parma. Alberoni wurde nach
Parma gesandt und brachte noch 1714 die Vermählung zu Stande.
Aber Elisabet war das Gegentheil von dem, wie sie Alberoni geschildert
hatte; sie war herrschsüchtig und kühn. Als sich ihr bei ihrem Eintritt
in das Königreich die Prinzessin Ursini mit unziemlicher Vertraulichkeit