1858 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Handel und
Gewerbe.
Kolonien.
lichen Hauses und des dänischen Reiches, und acht Tage später wurde
sogar ein allgemeines Danksest gefeiert. In den öffentlichen Blättern
wechselten schwülstige Lobreden auf die Sieger mit Hohn und Spott
gegen die Besiegten. Während die von dem gestürzten Günstling ange-
stellten Diener entlassen und aus dem Reiche verwiesen wurden, verheil-
ten die Helden des 17. Januars Aemter, Titel und Belohnungen unter
sich und bestellten sich selbst zu einem geheimen Staatsrath unter dem
Vorsitze deß Prinzen Friedrich.
Erst nach fünfwöchiger, harter Gefangenschaft begannen die Ver-
höre der Gestürzten. Struensee wurde des Verbrechens der beleidigten
Majestät, des Unterschleifs und des verbotenen Umgangs mit der Köni-
gin angeklagt. Das Urtheil gegen die Grafen Struensee und
Brandt lautete, daß Beide ihrer Ehren, Aemter und Güter entsetzt,
ihre Wappen zerbrochen, ihnen die rechte Hand, dann der Kopf abge-
hauen, ihre Körper geviertheilt und aufs Rad gelegt werden sollten.
Struensee hatte sich anfangs schwach und kleinmüthig gezeigt, aber die
Todesbotschaft empfing er mit Gelassenheit und bewies sich männlich
und fest. Das Urtheil wurde am 28. April 1772 vor dem Oster-
thore von Kopenhagen in aller Strenge vollzogen. Die unzählbare
Menge der Zuschauer kehrte, von dem entsetzlichen Auftritte erschüttert,
in dumpfer Stille nach der Hauptstadt zurück. Die übrigen Gefangenen
wurden theils mit Verlust ihrer Aemter, theils mit Verweisung bestraft.
Die Ehe Christians Vh. mit Karoline Mathilde wurde durch den
Spruch des Gerichts für aufgehoben erklärt. Karoline Mathilde
duldete auf dem Schlosse zu Kronenburg die Qualen einer harten Ge-
fangenschaft. Durch das kräftige Einschreiten ihres Bruders, Georgs Iii.
von England, und das Erscheinen einer englischen Flotte vor Kopenha-
gen erlangte sie die Freiheit. Sie bezog das Schloß Celle im Han-
növerschen und lebte fromm und in tiefster Abgeschiedenheit, von ihrer
Umgebung und den Bewohnern der Stadt wie ein Engel in Menschen-
gestalt verehrt. Gram über die auf sie gehäuften Kränkungen brach ihr
das Herz, noch ehe sie das vierundzwanzigste Jahr zurückgelegt hatte
(1775). Die Schöpfungen Struensees gingen meistens mit ihm unter,
und der Adel drängte sich wieder zwischen daß Volk und den König.
Nach dem Tode Karls Xii. von Schweden hob sich die innere
Wohlfahrt Dänemarks, Handel, Schifffahrt und Gewerbe nahmen einen
Aufschwung, und die Flagge des Danebrog wehte auf allen Meeren.
Friedrich Iv. suchte besonders die Hauptstadt zu heben, indem er den
Handel mit Salz, Branntwein, Wein und Tabak ausschließlich dahin
verlegte. Auch von den Nachfolgern wurde Kopenhagen erweitert und
verschönert. Die Lehren des Merkantilsystems erlangten großen Einfluß;
Dänemark sollte ein Fabrikstaat werden und alles selbst erzeugen.
Moltke und Bernstorf, welche an der Spitze der Regierung standen,
zogen fremde Künstler und Manufakturisten ins Land und unterstützten
die verschiedenen Industriezweige aus Staatsmitteln. Es erfolgten strenge
Verbote fremder Waren und Privilegien und Monopole für die inländi-
schen Anlagen. Das Streben für Hebung der Gewerbe war auch auf
Norwegen gerichtet, und die daselbst angelegten Glas- und Ziegel-
hütten, Sägemühlen, Theerbrennereien, Potaschsiedereien, Oelstampfen,