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1. Geschichte der neueren und neuesten Zeit - S. 610

1858 - Weimar : Böhlau
610 des Abends der Letzte bei der Arbeit. Auch in Amsterdam, in den Werften der ostindischen Kompagnie arbeitete er und ließ sich im Winter in der Mathematik, Naturkunde und Anatomie unterrichten. Die Stadt Amsterdam schenkte ihm eine Galiote, cm der er fleißig mitgearbeitet hatte, und er schickte dieselbe mit angeworbenen Seeleuten, Officieren und Künstlern nach Archangel. Im Januar 1698 begab er sich nach England, wo er ebenfalls eifrig bemüht war, sich von allem zu un- terrichten. Eine außerordentliche Freude machte es ihm, als der König Wilhelm Iii. durch die englische Flotte ein Seetreffen vorstellen ließ. Auch aus England sandte Peter viele Seeleute, Kanoniere, Wundärzte und Künstler nach Rußland. Ueber Dresden begab er sich nach Wien, wo er sich über ^as östreichische Kriegswesen genau unterrichtete. Pe- ter I. war eben im Begriff nach Venedig und Rom abzureisen, als die Nachricht von einem Aufstande der Strelitzen ihn zwang nach Rußland zurückzukehren. Peter hatte die Strelitzen, um Unruhen vorzubeugen, in verschie- dene Provinzen vertheilt. Getäuscht durch die Nachricht vom Tode des Zaren und voll Verlangen, mit Weib und Kind, die sie in der Haupt- stadt hatten zurücklassen müssen, wieder vereinigt zu werden, waren die Strelitzen auf Moskau zu gezogen. Der General Gordon war ihnen mit den neuen Truppen entgegengerückt, hatte sie geschlagen und gegen viertausend zu Gefangenen gemacht. Nach Peters Ankunft dauerte das Rädern, Hängen und Enthaupten mehrere Wochen lang fort, und Peter- selbst hieb gegen hundert Köpfe herunter, ja er forderte seine Freunde auf, ihm bei dieser Arbeit zu helfen. Obgleich eine Theilnahme der Prinzessin Sophia an der Empörung nicht zu entdecken war, ließ der Zar doch vor dem Kloster, in welchem seine Schwester eingekerkert war, dreißig Galgen errichten und an denselben 230 Strelitzen aufknüpfen. Die unglückliche Fürsten hatte bis zu ihrem Tod (1704) die modernden Ueberreste dieser Leichname vor Augen. Die Strelitzen wurden aus- gelöst und mit ihren Familien nach Sibirien, Astrachan und Asow ab- geführt. Seine Gemahlin Eudoxia Lapuchin, die Peter im Verdacht der Theilnahme am Aufstande hatte, nöthigte er in einem Kloster den Schleier zu nehmen. Mit unermüdetem Eifer arbeitete Peter I. an der Bildung seines Volkes. Die neugeschaffnen, von Ausländern befehligten Regimenter bildeten ein stattliches Heer. Es wurden Kriegsschiffe gebaut und eine Navigationsschule errichtet. Die Druckereien vervielfältigten sich, und Schulen wurden gegründet. Auch im Aeußern sollten die Russen den westeuropäischen Nationen ähnlich werden, und deshalb wurde statt der russischen Tracht die deutsche Kleidung eingeführt. Kam ein Landmann in eine Stadt, so mußte ihm im Thore die Wache den langen Rock verkürzen, und trug er den langen Bart, so wurde die Zahlung einer Kopeke oder das Vorzeigen des Sreuerscheins gefordert, welcher die Bei- behaltung des beliebten Schmuckes verstattete. Das Volk jammerte, und Sterbende baten, ihnen den abgeschnittenen Bart mit in den Sarg zu legen. Seiner Unterthanen heilige Sitte und angestammte Gewohnheit achtete Peter nicht. Bewies er auch einen raschen und kräftigen Geist, so war er doch ein Barbar in seinen Sitten, seiner Denkungsart und Handlungsweise, roh und thierisch in seinen Begierden, dem Brannt«
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