1858 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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des Abends der Letzte bei der Arbeit. Auch in Amsterdam, in den
Werften der ostindischen Kompagnie arbeitete er und ließ sich im Winter
in der Mathematik, Naturkunde und Anatomie unterrichten. Die Stadt
Amsterdam schenkte ihm eine Galiote, cm der er fleißig mitgearbeitet
hatte, und er schickte dieselbe mit angeworbenen Seeleuten, Officieren
und Künstlern nach Archangel. Im Januar 1698 begab er sich nach
England, wo er ebenfalls eifrig bemüht war, sich von allem zu un-
terrichten. Eine außerordentliche Freude machte es ihm, als der König
Wilhelm Iii. durch die englische Flotte ein Seetreffen vorstellen ließ.
Auch aus England sandte Peter viele Seeleute, Kanoniere, Wundärzte
und Künstler nach Rußland. Ueber Dresden begab er sich nach Wien,
wo er sich über ^as östreichische Kriegswesen genau unterrichtete. Pe-
ter I. war eben im Begriff nach Venedig und Rom abzureisen, als die
Nachricht von einem Aufstande der Strelitzen ihn zwang nach
Rußland zurückzukehren.
Peter hatte die Strelitzen, um Unruhen vorzubeugen, in verschie-
dene Provinzen vertheilt. Getäuscht durch die Nachricht vom Tode des
Zaren und voll Verlangen, mit Weib und Kind, die sie in der Haupt-
stadt hatten zurücklassen müssen, wieder vereinigt zu werden, waren die
Strelitzen auf Moskau zu gezogen. Der General Gordon war ihnen
mit den neuen Truppen entgegengerückt, hatte sie geschlagen und gegen
viertausend zu Gefangenen gemacht. Nach Peters Ankunft dauerte das
Rädern, Hängen und Enthaupten mehrere Wochen lang fort, und Peter-
selbst hieb gegen hundert Köpfe herunter, ja er forderte seine Freunde
auf, ihm bei dieser Arbeit zu helfen. Obgleich eine Theilnahme der
Prinzessin Sophia an der Empörung nicht zu entdecken war, ließ der
Zar doch vor dem Kloster, in welchem seine Schwester eingekerkert war,
dreißig Galgen errichten und an denselben 230 Strelitzen aufknüpfen.
Die unglückliche Fürsten hatte bis zu ihrem Tod (1704) die modernden
Ueberreste dieser Leichname vor Augen. Die Strelitzen wurden aus-
gelöst und mit ihren Familien nach Sibirien, Astrachan und Asow ab-
geführt. Seine Gemahlin Eudoxia Lapuchin, die Peter im Verdacht
der Theilnahme am Aufstande hatte, nöthigte er in einem Kloster den
Schleier zu nehmen.
Mit unermüdetem Eifer arbeitete Peter I. an der Bildung seines
Volkes. Die neugeschaffnen, von Ausländern befehligten Regimenter
bildeten ein stattliches Heer. Es wurden Kriegsschiffe gebaut und eine
Navigationsschule errichtet. Die Druckereien vervielfältigten sich, und
Schulen wurden gegründet. Auch im Aeußern sollten die Russen den
westeuropäischen Nationen ähnlich werden, und deshalb wurde statt der
russischen Tracht die deutsche Kleidung eingeführt. Kam ein Landmann
in eine Stadt, so mußte ihm im Thore die Wache den langen Rock
verkürzen, und trug er den langen Bart, so wurde die Zahlung einer
Kopeke oder das Vorzeigen des Sreuerscheins gefordert, welcher die Bei-
behaltung des beliebten Schmuckes verstattete. Das Volk jammerte, und
Sterbende baten, ihnen den abgeschnittenen Bart mit in den Sarg zu
legen. Seiner Unterthanen heilige Sitte und angestammte Gewohnheit
achtete Peter nicht. Bewies er auch einen raschen und kräftigen Geist,
so war er doch ein Barbar in seinen Sitten, seiner Denkungsart und
Handlungsweise, roh und thierisch in seinen Begierden, dem Brannt«