1858 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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und als Gegner der Revolution angeklagt oder verdächtig sind und sich
in den Gefängnissen befinden, sollen ermordet werden.
Eine beträchtliche Anzahl unbeeidigter Priester, die damals zu Wa-
gen durch Paris gebracht wurden, um in einem der nördlichen Häfen
nach Amerika eingeschifft zu werden, wurden von einer Schaar Marseil-
ler nach der Abtei geführt und hier ermordet. Frauen des Quartiers,
zu welchem dieses Gefängniß gehörte, reichten bei dem Gemeinderathe
eine Bittschrift ein, um dem Tode der Volksfeinde beiwohnen zu dürfen,
und es wurden in dem Hofe der Abtei Sitze für die Zuschauer (pom-
les messieurs et pour les daraes) aufgeschlagen. Ein Tisch war auf.
gestellt, an welchem Mitglieder des Bürgerrathes ihre Plätze als Richter
einnahmen. Sie trugen Schwerter an der Seite und dreifarbige Schär-
pen. Auf dem Tische waren Papiere, Tabakspfeifen, Branntweinflaschen
und Gläser bunt durcheinander. Ringsum standen zehn bis zwölf Män-
ner, mit aufgeschlagenen Hemdsärmeln und weißen Schürzen, bloße
Säbel in den Händen, vom Kopf bis zu den Füßen mit Blut bespritzt.
Drei derselben hielten den vorgeführten Gefangenen fest. Beim Scheine
der Fackeln suchte man in der Lifte das Zeichen, mit dem Tod oder
Loslassung vermerkt war. „Lasset ihn los!" lautete das mit den Mör-
dern verabredete Todesurtheil, das alsbald wenige Schritte davon, oft
mit langsamen Martern, vollzogen wurde. Die Wenigen hingegen,
welche der schreckliche Gerichtshof durch den Ruf: „Es lebe die Nation!"
freisprach, überhäuften die Mörder mit den zärtlichsten Liebkosungen und
bezeigten die lebhafteste Freude, gute Patrioten zu sehen, die ihnen die
Mühe des Niederhauens ersparten. Das junge Fräulein von So in-
breuil rettete das Leben ihres Vaters dadurch, daß sie ein Glas Ari-
stokratenblut trank. In der Abtei erschien in seiner Amtstracht als Mit-
glied des Bürgerraths Billa rrd-Va renn es, dankte den Mödern für
die dem Vaterlande gebrachte Rettung, forderte von einem Haufen Ge-
mordeter herab zur Fortsetzung des großen Weckes auf und versprach
jedem der Mörder 24 Francs.
In ähnlicher Weise wurde in den übrigen Gefängnissen, im Hotel
de la Force, bei den Bernhardinern, in der Salpetriere, im Chatelet,
im Palast der Justiz und in Bicetre verfahren. Im Gefängnisse de la
Force lautete der Todesspruch: „Bringt den Gefangenen nach der Abtei!"
In diesem Gefängnisse befand sich die schöne und liebenswürdige Prin-
zessin Lamballe, welche aus Liebe zur Königin mit der königlichen
Familie die Gefangenschaft im Tempel getheilt hatte, aber nach kurzer
Zeit nach la Force abgeführt worden war. Jetzt gebot Hebert der Prin-
zessin, dem Königthum ewigen Haß zu schwören; als sie sich daß zu thun
weigerte, wurde sie mit Säbeln und Piken niedergemacht. Ihr Kopf
wurde auf einer Pike durch die Straßen getragen, und ihr nackter Kör-
per, schrecklich verstümmelt, hinterher gezogen. Als man den Kopf zu
dem Herzog von Orleans, dem Schwager der Prinzessin, brachte, wandte
dieser, ohne mit der Mahlzeit inne zu halten, gleichgültig das Arige auf
ihn. Der schaudervolle Zug ging dann unter die Fenster des alten Her-
zogs Penrhievre, des Schwiegervaters der Ermordeten, und endlich
nach dem Tempel, wo der Pöbel mit dem Kopf in den Hof gelassen
wurde, während Commissarien des Bürgerruths die königliche Familie
nöthigten, ans Fenster zu treten. Bei dem Schreckensworte, daß der