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1. Geschichte der neueren und neuesten Zeit - S. 689

1858 - Weimar : Böhlau
689 im Tempel ein. Die Tröstungen der Religion stärkten Ludwig wieder, und er genoß die ganze Nacht einen ruhigen Schlaf. Am Morgen des 21. Januar (1793) stand Ludwig um fünf Uhr auf. Er übergab Edgeworth, der nicht von ihm gewichen war, sein Testament, beichtete, empfing knieend, während grobe Geschütze durch die Straße rasselten, das heilige Abendmahl und den Segen. Um neun Uhr erschien Sanier re, von Municipalen und Gensdarmen begleitet. Mit Edgeworth und zwei Gensdarmen bestieg der König eine Lohnkutsche und betete seinem Beichtvater auf dem einstündigen Todeszuge die vor- gesprochenen Psalmen nach. Langsam fuhr der Wagen durch die mit Truppen und Geschützen und einer dichtgedrängten Volksmenge bedeckten Straßen. Auf dem R ev o lu tio ns pl a tze, den Tuilerien gegenüber, am Fußgestelle der zertrümmerten Bildsäule Ludwigs Xv., war das Blutgerüste aufgeschlagen. Die Miene des Königs war bisher ernst, aber ruhig gewesen. Aber als der Henker und dessen Gehülfen ihn an der Treppe des Gerüstes empfingen und ihn des Rockes entkleideten, schien er erschüttert. Da sagte Edgeworth zu „Sohn des heiligen Ludwig, steige gen Himmel," und festen Schrittes ging Ludwig die Stufen hinauf. Oben angelangt, betrachtete ec die Volksmasse und warf einen Blick auf die Tuilerien hinüber. Als ihn die Henker ergrif- fen, um ihm das Sünderkleid anzulegen, die Haare abzuschneiden und die Hände auf den Rücken zu binden, wollte ec das letztere nicht ge- schehen lassen, fügte sich aber, als der Priester sagte, daß ec durch daß Binden dem Heilande ähnlicher werde. Dann trat er an den Rand des Gerüstes, winkte der Kriegsmusik Schweigen und sprach mit lauter Stimme: „Franzosen, ich sterbe unschuldig, ich vergebe meinen Feinden, wünsche, daß mein Tod" — Trommelwirbel auf Santerre s Befehl, der die Rührung des Volkes bemerkte, übertönten die letzten Worte. Daß Haupt fiel unter dem Fallbeil, und als es der Nachcichter emporhob, ertönte daß Geschrei: „Es lebe die Nation, es lebe die Freiheit!" Gleich nach der Hinrichtung tanzte der Pöbel um das Blutgerüste. Am Abend wa- ren die Schauspielhäuser gedrängt voll, und nach drei Tagen sprach man in Paris nicht mehr von der schrecklichen That. Die königliche Familie saß um ein Psalmbuch; daß Freudengeheul der Rotten verkün- dete ihr, daß das Haupt ihres Vaters gefallen sei. Marie Antoinette stürzte auf die Kniee und sprach ein Gebet. Im Anfange der französischen Revolution war die englische Verfas- sung als Muster und Vorbild gepriesen worden, und die Männer der Bewegung hatten auf die Freundschaft Englands gerechnet. Diese Achtungsbezeigungen wurden von vielen neuerungssüchtigen Engländern erwiedert. In vielen englischen Städten bildeten sich Volksgesell-- schaften oder Whigklubs, welche die Begebenheiten in Frank- reich durch Gelage, Reden und Trinksprüche verherrlichten. Vornehm- lich ergossen sich die beiden großen Oppositionsredner Fox und Sheri- dan in begeisterten Lobpreisungen der Revolution. Desto größeres Ec- staunen erregte es, daß Burke, welcher der amerikanischen Revolution mit Begeisterung daß Wort geredet hatte, von seinen bisherigen Freunden und Meinungsgenossen abwich und im Parlamente mit den heftigsten Erklärungen gegen die neufranzösische Freiheit und deren unbesonnene 44 Das Verhal- ten Englands und Spaniens zur französi- schen Revo- lution.
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