1858 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): Jungen
760
verlesen, durch welche er für sich auf den Thron verzichtete; der Reichs-
tag erklärte aber auch die Nachkommen Gustavs der Krone verlustig
(1809). Der entthronte König erhielt die Erlaubniß, sich mit seiner
Familie nach Deutschland zu begeben und lebte als Graf von Got-
torp, später unter dem Namen Oberst Gustavson in Deutschland
und in der Schweiz und starb 1837 zu St. Gallen in Dürftigkeit. Karl
von Südermanland wurde als König Karl Xiii. gekrönt, und durch
eine neue Versaffung die unumschränkte königliche Macht vermindert.
Da Karl Xiii. keine Söhne hatte, so wurde der Prinz Christian Au-
gust von Holstein. Augustenburg zum Kronprinzen bestimmt. Als dieser
(1810) plötzlich starb, wurde der französische Marschall Bernadotte,
Prinz von Ponte-Corvo, ein Schwager deß Königs Joseph von Spa-
nien, zum Thronfolger erwählt. Karl Xiii. schloß Frieden mit Ruß.
land und Dänemark und trat an Rußland Finnland und einen Theil
der Alandsinseln ab. Nach dem Tode Karls Xiii. folgte ihm Ber-
nadotte als Karl Xiv. (1818—1844).
Di, Türken. Der Thron in Constantinopel wurde zu wiederholten Malen
mit dem Blute der Sultane befleckt. Selim Iii., welcher 1789 den
großherrlichen Thron bestiegen hatte, befreundete sich mit den Ideen und
Formen der christlichen Welt. Zunächst strebte er darnach, sich eine
Kriegsmacht auf europäische Weise zu bilden, um durch dieselbe der un-
ter dem Namen Janitscharen bekannten Nationalmiliz Meister zu
werden. Eine beträchtliche Anzahl von Truppen wurde auf europäische
Weise gekleidet und geübt. Auch in anderen Beziehungen zeigte der
Sultan eine Vorliebe für das europäische Wesen. Der Bund, in welchem
die Pforte während des zweiten Coalitionskrieges mit England und
Rußland gestanden hatte, wurde durch die Geschicklichkeit des französi-
scheu Gesandten Sebastiani aufgelöst und der Divan ganz auf franzö-
fische Seite hinübergezogen. Nun besetzte Rußland die Moldau und
Wallach ei, und der englische Admiral Duckworth segelte (1807)
durch die Dardanellen und bedrohte Constantinopel, verlor aber auf sei-
ner Rückfahrt durch die Dardanellen einige Fahrzeuge. Der Unwille der
Türken über die Neuerungen des Sultans und dessen Hinneigung zu
den Franzosen veranlaßte einen Aufstand der Janitscharen (1807), wel-
chen Selim dadurch stillte, daß er seinem Neffen Mustapha Iv. den
Thron überließ. Den Janitscharen wurde nun die Befugniß zugesprochen,
jedem Sultan, der sich von der alten Verfassung entferne, den Gehor-
sam auszusagen. In der Hauptstadt wie in den Provinzen herrschte Ver-
wirrung, Zügellosigkeit und Willkür. Die Janitscharen plünderten und
brannten, die Pascha's verweigerten den Gehorsam, Aegypten wurde
von den Engländern bedroht, die Donauländer waren in der Gewalt
der Russen, und diese erfochten auch einen Sieg bei Lemnos. Der Zu-
sammensturz des morschen Reiches schien unvermeidlich. Aber Napoleon
nahm sich der Türken an, und eine der tilsiter Friedensbedingungen war
ein Waffenstillstand zwischen den Russen und Türken. Aber schon 1808
verlor Mustapha Iv. durch einen Aufstand den Thron, und Mäh.
mud Ii., der letzte Nachkomme Osmans, wurde zum Sultan ausgeru-
fen. Daß auch Mahmud dem Leben des gesitteten Europa Eingang in
seinem Reiche verschaffen wollte, bewirkte einen abermaligen Aufstand der