1858 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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stolzen Herzen viel, den kameradschaftlichen Ton der Kriegsgefährten
zu erwiedern und das freche Andrängen des Pöbels mit wohlgefälliger
Miene aufzunehmen. Und doch mußte er nun von seinem Staatsrathe
die Volkssouveränität für die Grundlage des Kaiserthrons und das Volk
allein für die Quelle aller rechtmäßigen Gewalt erklären lassen. Seit
seiner Abdankung in Fontainebleau hatte das Verlangen nach einer freien
Verfaffung ganz Frankreich erfaßt, und Napoleon mußte diesem Verlan-
gen zu entsprechen suchen. Deshalb verordnete und verhieß er: Wieder-
herstellung der Nationalgarden, Bewaffnung der pariser Vorstädte, Ver-
sammlung sogenannter Föderationslager, eine neue Constitution unter
dem Titel: Zusatzurkunde zu den Verfaffungen des Reiches, Berufung
einer großen Versammlung von Abgeordneten aller Wahl-Collegien und
aller Departements, der Armee und der Flotte unter dem Namen eines
Maifeldes zur Genehmigung der Verfaffung, endlich Bestellung und Er-
öffnung zweier Kammern. .
Daß Drückende seiner Lage bewog Napoleon, sich mit einem Frie-
densgesuch an die Monarchen zu wenden. Als seine Anträge von den
Verbündeten verworfen wurden, sammelte er die Streitkräfte Frankreichs
zum letzten entscheidenden Kampfe. In unbegreiflicher Schnelligkeit schuf
er Heere und Kriegsbedarf. Am 13. Juni stellte er sich an die Spitze
der Nordarmee, des Kerns seiner Krieger. Indem er gegen die Sam-
bre, zwischen Maubeuge und Namur, vorbrach, stürzte er sich mit
seinen Schaaren auf die Preußen, welche hier unter Blücher in sehr
ausgedehnten Stellungen die niederländische Grenze besetzt hielten, von
dem weiter rückwärts befindlichen englischen Heere unter Wellington
nicht so entfernt, daß sie nicht auf den Beistand desselben hätten rechnen
können. Am 16. Juni wurde die Schlacht bei Ligny geschlagen.
Die Preußen mußten dem gewaltigen Andränge weichen, aber sie hatten
tapferen Widerstand geleistet und zogen sich geordnet zurück. Der greise
Feldmarschall stürzte am Abend des Schlachttages mit seinem getödteten
Pferde und wurde nur durch die Treue des Grafen Nostiz gerettet. An
demselben Tage kämpfte ein Theil von Wellingtons Heer bei Quatre
Braß mit einem französischen Heerhausen unter Ney's Führung, und
der ritterliche Herzog Wilhelm von Braunschweig fand an der
Spitze seiner Getreuen an diesem Tage einen ruhmvollen Tod.
Am 18. Juni kam es zwischen Napoleon und Wellington zu
einer Schlacht, welche nach der Höhe von Mont St. Jean, nach dem
Vorwerke La Belle Alliance und nach dem Dorfe Waterloo be-
nannt wird. Kalt, entschlossen wiesen Engländer und Deutsche die an-
stürmenden Feinde zurück. Immer heftiger und rascher folgten die An-
griffe Napoleons, immer von neuem geordnet drang die alte Garde auf
die starren Vierecke ein; es schienen die fest geschloffenen, aber todes-
müden Regimenter der Verbündeten der Ueberzahl unterliegen zu müssen.
Da erschien, 4 Uhr Nachmittags, zuerst Bülow, dann Blücher mit
den Preußen und warfen sich den Franzosen in die rechte Flanke. Die
Reihen der Kaiserlichen wurden durchbrochen, die Adler sanken. Napo-
leon machte eine letzte verzweifelte Anstrengung und führte selbst seine
Garden zum Sturme gegen die Höhe von Mont St. Jean, den Mittel-.
Punkt der feindlichen Stellung. Aber die Engländer warfen ihn zurück,
und indem sie mit ihrer ganzen Linie vorrückten, wurde zugleich der