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1. Geschichte der neueren und neuesten Zeit - S. 811

1858 - Weimar : Böhlau
811 yois Rone, Vicomte de Chateaubriand (1768 — 1848) verlebte seine Jugend auf einer alten, malerischen, aber wenig behaglichen Ritterburg, unter den Erinnerungen einer poetischen Vergangenheit, in der Stille der Wälder und am Gestade deß Meeres. Daß Erwachen des Genies kündigte sich in dem jungen Einsiedler durch eine unbestimmte, verzeh- rende Sehnsucht an, die ihm fast Werthers Schicksal bereitet hätte. Sein Vater sandte ihn nach Paris, wo er Lieutenant und mit den Schön- geistern der Hauptstadt befreundet wurde. Im Jahre 1790 verließ er Frankreich und begab sich in die französischen Kolonien von Nordame- rika. Dort hotten sich bei den Kolonisten die Sitten, die Sprache, das religiöse Leben und die Lieder des 16. Jahrhunderts erhalten. Neben diesen Kolonisten lernte Chateaubriand zugleich die wilden Indianer der Steppen und Wälder kennen, unter denen er sich eine eigenthümliche Vorstellung von religiösem Naturleben bildete. Diese Vorstellung verlieh den beiden Romanen, welche Chateaubriand nach seiner Rückkehr nach Frankreich bekannt machte, großen Reiz; sein Werk, welches er 1802 unter dem Titel „Geist des Christenthums" herausgab, ist die Reaction des altfranzösischen ritterlichen und religiösen Geistes gegen die unfrucht- baren Abstractionen'deß voltairischen Menschenverstandes. Man empfand damals ein Bedürfniß deß Glaubens, eine Sehnsucht nach religiösem Troste, die in der langjährigen Entbehrung dieser Tröstungen ihren Grund hatte. Darin lag der Grund des ungeheuren Erfolgs, welchen Cha- teaubriands Werk hatte. Der „Geist deß Christenthums" empfahl ver- mittelst einer dichterischen Auffassung und Behandlung das katholische Christenthum als poetische Religion und Philosophie. Die vornehmen Herren und Damen waren entzückt über eine Schrift, in welcher dasselbe Christenthum verherrlicht wurde, daß man bisher als Pfaffenthum, Intole- ranz und Heuchelei geschildert hatte. Auch Napoleon war mit dem Werke zufrieden. Er schickte Chateaubriand als Gesandtschaftssekretär nach Rom und ernannte ihn später zu seinem Gesandten in Wallis. Chateaubriand war im Begriff, dorthin abzugehen, als ec die Hinrichtung del Herzogs von Enghien erfuhr, und er reichte sogleich seine Entlassung ein. Er besuchte nun Griechenland, Palästina, Aegypten, Karthago und Spanien und gab 1811 ein christliches Epos „die Märtyrer" und die Beschreibung seiner Pilgerfahrt nach Jerusalem heraus. Nach der Rückkehr der Bour- bons war Chateaubriand ein Chorführer der ultraroyalistischen Opposi- tion; er wurde Staatsmann, Volksvertreter, Minister, Gesandter. Er mißbilligte die Ordonnanzen, durch welche Polignac den Ausbruch der Julirevolution beschleunigte, und weigerte sich, Ludwig Philipp den Eid zu leisten. Als Legitimist mit republikanischen Ueberzeugungen hat er nur mit seinem Leben aufgehört, an der Versöhnung des alten Königs- geschlechts mit den Meinungen und Neigungen des Jahrhunderts zu arbeiten. Frau von Stael (1766 — 1817), die Tochter des Ministers Necker, glänzte schon als junges Mädchen im Salon ihres Vaters und erregte bald auch durch ihre Schriften großes Aufsehen. Durch ihren Salon übte sie zur Zeit des Direktoriums und des Consulats einen polt- tischen Einfluß aus und wurde deshalb von Napoleon in die Verban- nung geschickt. Ihr Buch Oe Hllernukne bot den Franzosen das erste reiche Bild von dem poetischen und geistigen Leben Deutschlands und
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