1878 -
Danzig
: Verlag und Druck von A. W. Kafemann
- Hrsg.: Krueger, Karl A., ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Die Heuschrecken in der südrussischen Steppe.
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sie mit ihren Leichnamen auslöschen und dem Reste zum Weiterschreiten
Bahn schaffen.
Finden die Leute den Schwarm schon auf ihren eigenen Feldern
niedergelassen, so umzingeln sie ihn sogleich und machen rund herum eben-
falls kleine Feuer, um ihn zuvörderst in dieser Feuerkette zu fesseln und
zum Anhalten zu bringen. Alsdann zünden sie kleine Strohbündel und
andere Feuerbrände an und werfen sie in den eingeschlossenen Haufen hinein,
schienen und scheuchen darin herum, um ihn so, da er weder vorwärts
schreiten, noch sitzen bleiben kann, zum Auffliegen zu zwingen.
Glückt ihnen dies, oder fanden sie ihn gleich beim ersten Anzuge noch
in der Luft, so beginnen sie nun ein Lärmen wie die Jagd des wilden
Jägers. Einige haben große Tücher an Stangen gebunden, andere tragen
brennende Strohwische an langen Fackelstäben in die Höhe. Sie wedeln,
flaggen, schießen, jauchzen, trommeln, klingeln und bringen die ganze
Atmosphäre in Aufruhr. Die erschreckten Heuschrecken, die vielleicht schon
im Fallen begriffen waren, steigen dann wieder etwas höher, und indem
die Leute, im lärmenden Tumulte über Thal und Hügel springend, ihnen
beständig folgen, gelingt es ihnen nicht selten, den Schwarm über ihre
Aecker und ihr Dorf schwebend hinwegzuführen. Haben sie das Meer oder
einen Liman (Mündungsbusen) in der Nähe, so suchen sie ihn allmälig auf
die Seite ins Wasser zu treiben. Führt ein starker Wind die Heuschrecken
ins Meer hinaus, so tft es merkwürdig, daß sie, darin niederfallend, sich
nicht in einer breiten Schicht darauf hinlegen, sondern sich pyramidenweise
anhäufen, so daß, wo zuerst einige Millionen niederfielen, sich eben dahin
auch die andern setzen, wie auf eine, gleichsam durch die Leiber der andern
gebildete, trockene Insel. Indem sich oann alle auf solchen einzelnen Inseln
anhäufen, bilden sie so verschiedene, im Meere schwimmende, gegen V2 Meter
hohe Berge, die durch alle die sich anklammernden Beinchen und Gebisse fest
zusammenhängen und mehrere Centimeter tief ins Wasser gehen. Ist ihnen
der vom Lande wehende Wind stark entgegen, so werden diese Heuschrecken
immer weiter ins Meer hinausgetrieben und kommen so allmälig um.
Doch muß der Wind stark sein; denn können die Thiere ihm nur
einigermaßen entgegenarbeiten, so kehren sie wieder um. Die, welche oben
auf dem Trockenen der Insel sind, fliegen wieder auf und kommen gegen
den Wind ans Land zurück. Die, deren Flügel genäßt sind, suchen sich
schwimmend ans Ufer zu arbeiten; und kommen sie dazu, — die Heuschrecken
haben, so wenig sie das Wasser lieben, doch ein zähes Leben und ertrinken
nicht leicht, — so sitzen sie dann zu Millionen auf dem Sande des Ufers,
schlagen mit den Flügeln, trocknen sich schnell und schließen sich dem Zuge
der Uebrigen an. Die ertrunkenen werden ebenfalls allmälig ans Ufer
getrieben, färben hier den Schaum der Brandung schwarz und bedecken den
Rand des Wassers in langen Dämmen wie ausgeworfener Seedünger.
Gelingt es nicht, auf die angegebene Weise den im Felde liegenden
Schwarm in die Höhe zu bringen, was z. B. bei Regen oder auch nur bei
feuchter Luft durchaus unmöglich ist, weil dann die Heuschrecke, matt am
Boden liegt und kaum dem sie zertretenden Fuße ausweicht, so bleibt dann
nichts anderes übrig, als die bereits bedeckten Aecker preiszugeben und so
viele als möglich zu verderben, um wenigstens das Uebel zu mindern. In
den Gärten zertritt und zerschlägt man sie auf alle mögliche Weise. Es
ist kein Fuß und keine Hand in der ganzen Steppengegend, die nicht schon
viele Tausende dieser Unholde gemordet hätte. Auf den Aeckern gebraucht
man dazu großartigere Mordinstrumente, insbesondere Walzen und Dorn-
schleifen. Die Walzen, wenn es nicht sehr schwere steinerne sind, sind von
geringer Wirkung. Die Dornschleifenaber richtet man so ein: Man bindet