1878 -
Danzig
: Verlag und Druck von A. W. Kafemann
- Hrsg.: Krueger, Karl A., ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Bilder aus Europa. — Großbritannien.
Anblick des Elementes hier, so allgewaltig seine Macht, daß unser Dasein
auf diesem Felsen mir wie ein unerlaubtes Eindringen in ein fremdes
Reich erschien. Je mehr wir uns der Fingalshöhle näherten, um so tiefer
mußten wir hinabsteigen. Die aufbrausenden Wogen hatten oft eben erst
den Stein verlassen, den unser Fuß betrat. Plötzlich, als wir um einen
Vorsprung biegend das Auge hoben, that sich vor uns die Riesenhalle der
Fingalshöhle auf. Eine wunderbare Wölbung, weit, hoch, kühn, gebildet
durch das Ineinandergreifen der einzelnen Basaltmassen, und so mächtig
in ihrer Großheit, weil keine Pfeiler, kein tragender Basalt sie in der
Mitte stützen. In die gewaltige Halle braust das Meer hinein, silberner
Schaum der Wellen spült auf den schwarzen Stufen und spritzt hoch
empor, während das schwere Rollen der Wogen leise und dumpf im Hinter-
gründe der Höhle verhallt. Das Portal des Wunderbaues erglänzte in
hellem Sonnenlichte, innen zogen bläuliche Nebel umher, die um so dunkler
schienen, je lichter außen der Tag war. Möwenschaaren flogen aufgeschreckt,
scheu flatternd an uns vorüber, als die Männer bis zum Ende der Höhle
gedrungen waren, wo zwei Prediger ein geistliches Lied anhoben, in dessen
langgetragene Töne alle Anwesenden mit lauter Stimme emsielen. Dann
aber als sie es geendet, begann jemand das Rule Britannia, und mit er-
schütternder Kraft klangen von den Lippen der Engländer hier mitten im
Meere das Loblied ihres Gottes und der Preis ihres Vaterlandes im
Jubelschalle durch die Luft.
Alles ist in der Fingalshöhle majestätischer Ernst, großartiges Natur-
walten. Selbst die Naturlaute sind streng und düster, wie Form und
Farbe des Basalts. Die silberweißen Möwen, die farbigen Eriken, Vögel
und Blumen hatten etwas Unwahrscheinliches in dieser Umgebung. Der
helle Tag und das Sonnenlicht erschiene nur wie ein geborgter Schmuck;
um die Fingalshöhle in ihrer höchsten Majestät zu sehen, müßte man sie,
dieses zufälligen Schmuckes entklerdet, in den Nebeln des Herbstes und
Winters kennen lernen. Aber auch so war der Eindruck ein überwältigender
und schweigend in uns versunken, kehrten wir nach dem Schiffe zurück.
F. Lewald.
28. Die Bewohner des schottischen Hochlandes.
Ein Gefühl von Ruhe und Frieden bemächtigte sich unser in der
stillen Abgeschiedenheit des schottischen Hochlandes, wo klare, lebendige
Wasser durch fruchtbare, angebaute Thäler rieseln und brausen, von hohen
Bergen umfriedet. Diese starrten uns nicht rauh und nackt entgegen. Schöne
Waldungen bekleiden sie fast bis zum höchsten Gipfel hinauf und winken
freundlich dem Wanderer in ihre erquickende Schatten. Der Anblick der
armseligen Hütten, die wir einzeln in den Thälern, am Fuße der Felsen
oder in der Nähe des Stromes zerstreut liegen sahen, würde uns schmerz-
haft berührt haben, wenn die Bewohner mit ihrem kläglichen Loose weniger
zuftieden schienen. Wir sahen große Armuth, aber nicht eigentliches Elend.
Jede Hütte hatte ihr kleines Kornfeld, das die Einwohner nährt, und
einige Ziegen und Schafe, von einer besondern, sehr kleinen Art, welche
ihnen Milch, Käse und die nothwendige Kleidung gewähren.
Diese Häuser in den schottischen Hochlanden sind wohl die schlechtesten
menschlichen Wohnungen im gebildeten Europa, so eng, daß man nicht be-
greift, wie eine Familie darin Platz findet, aus rohen Steinen, oft ohne
allen Mörtel, nur zusammengetragen. Die Fugen sind mit Moos und
Lehmerde verstopft, Thüren aus Brettern schlecht zusammengeschlagen, ohne
Schloß und Riegel, Fenster so klein, daß man sie kaum bemerkt, oft sogar