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1. Geographische Bilder aus allen Erdtheilen - S. 102

1878 - Danzig : Verlag und Druck von A. W. Kafemann
102 Bilder aus Europa. — Die Schweiz. Hagen nach frischer Luft, während der Fön ihnen Rachen und Lunge aus- trocknet. Kein Vogel ist in Wald und Feld zu erblicken. Die Menschen theilen das allgemeine Unbehagen, das beengend auf Nerven und Sehnen wirkt und dem Gemüthe eine lastende Bangigkeit auf- drängt. Gleichzeitig wird sorgsam das Feuer des Heerdes oder Ofens gelöscht. In vielen Thälern ziehen die „Feuerwachen" rasch von Haus zu Haus, um sich von jenem Auslöschen zu überzeugen, da bei der Aus- dörrung alles Holzwerkes durch den Wind ein einziger Funke großes Brand- unglück stiften kann. Und doch, trotzdem daß der Fön gefährlicher ist als jeder andere Wind des Gebirges, wird er im Frühling und Herbst mit Freuden begrüßt. Im ganzen Berggebiet bewirkt er ungeheure Schnee- und Eisschmelzungen und verändert dadurch in einem Schlage das Bild der Landschaft. Im Grindel- waldthale schmelzt der Fön oft in zwölf Stunden eine Schneedecke von 80 Centimeter Dicke weg. Er ist der rechte Lenzbote und wirkt in vier- undzwanzig Stunden so viel wie die Sonne in vierzehn Tagen, da auch die alte, zähe Schneeschicht, welche die Sonne lange vergeblich beleckt, ibm nicht widersteht. Ja, er ist in vielen schattigen Hochthälern geradezu die Bedingung des Frühlings, wie er in manchen Orten der Ebene im Herbste die Zeitigung der Trauben bedingt. Würde er nicht von Zeit zu Zeit die wohlthätige Wärme bringen und die neu versuchten Schneeansätze weg- fegen, so gäbe es in manchem Hochthale keinen Sommer und kein Leben, sondern wahrscheinlich nur stets wachsende Eisfelder. Dabei ist der Fön zum großen Glücke der Menschen und Felder ein vorsichtiger Schneeschmelzer und schützt dadurch, daß er durch seine Trocken- heit und Wärme eine massenhafte Verdunstung der Wassertheile unterhält, die Niederungen vor gefährlichen Ueberflutungen der Bergwasser. Fr. v. Tschudi. 59. Berg- und Thalfahrt der Alpenheerden. Die festlichste Zeit für das Alpenhornvieh ist ohne Zweifel der Tag der Alvfahrt, die gewöhnlich im Mai stattstndet, ein Tag, der auch . im Leben des Aelplers einen neuen Abschnitt beginnt. Jede der ins Gebirge ziehenden Heerden hat ihr Geläute. Die stattlichsten Kühe erhalten unge- heure Schellen, die oft über einen Fuß im Durchmesser halten und vierzig bis fünfzrg Gulden kosten. Es sind die Prunkstücke der Sennen; mit drei oder vier solchen mit einander in Einklang stehenden läutet er von Dorf zu Dorf seine Ausfahrt ein. Dazwischen hinein tönen die einzelnen Erz- glocken. Voraus geht ein Handbub mit sauberem Hemde und kurzen gelben Beinkleidern; ihm folgen die Kühe mit dem Heerdenstier in bunter Reihe, dann oft etliche Kälber und Ziegen. Den Beschluß macht der Senn mit dem Saumpferde, das die Milchgeräthschaften, Bettzeug u. dgl. trägt und mrt buntem Wachstuche bedeckt ist. An diesem Tage ertönt besonders der Kuh- reigen, den jeder Alpenbezirk in eigenthümlicher Weise besitzt. Es ist dies jener Gesang, dessen ältester Text sich nur noch in einzelnen Versen vor- findet, während seine Melodie in stundenlangen Trillern, Jodeln, bald hüpfenden, bald aedehnten Tönen besteht. Etwas anderes ist der einfache Jodel, der keine Worte hat, sondern bloß in schnell wechselnden, oft in der Tiefe anhaltenden und rasch in die Höhe steigenden seltsamen Tonverbm- dungen besteht. Er dient dem Hirten, die Kühe herbeizulocken, seine Kame- raden zu begrüßen und überhaupt als Fernsprache im Gebirge. Trauriger als die Alpfahrt ist für Vieh und Hirten die Thalfahrt, die in ähnlicher Ordnung vor sich geht. Gewöhnlich ist sie das Zeichen
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