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1. Geographische Bilder aus allen Erdtheilen - S. 177

1878 - Danzig : Verlag und Druck von A. W. Kafemann
Wein und Winzer im Rheingau. 177 Seit tausend Jahren ist das rheingauer Leben gleichsam in Wein getränkt, es ist „weingrün" geworden, wre die guten alten Fässer. Dies schafft ihm seine Eigenthümlichkeit. Denn es grebt vielerlei Weinland in Deutschland, aber keines, wo der Wein so eins und alles wäre, wie im Rheingau. Hier zeigt sich's, wie „Land und Leute" zusammenhängen. Man erzählt sich im Rheingau von Müttern, die ihren neugeborenen Kindern als erste Nahrung ein Löffelchen guten alten Weines einschütteten, um ihnen gleich in der Wiege den Stempe der Heimat auszuprägen. Ein tüchtiger „Brenner", wie man am Rhein den vollendeten Zecher nennt, trinkt all- täglich seine sieben Flaschen, wird steinalt dabei, ist sehr selten betrunken und höchstens durch eine rothe Nase ausgezeichnet. Die Charakterköpfe der gepichten Trinker, oer haarspaltenden Weingelehrten und Weinkenner, die übrigens doch allesammt mit verbundenen Augen durch die bloße Zunge noch nicht rothen Wein vom weißen unterscheiden können, der Wein- propheten, der Probenfahrer, die von einer Weinversteigerung zur andern bummeln, um sich an oen Proben umsonst satt zu trinken, finden sich wohl nirgend anders in so frischer Ursprünglichkeit, als im Rheingau. Auch die ganze Redeweise des Rheingauers ist gespickt mit Ausdrücken, die auf den Weinbau zurückweisen. Man könnte ein kleines Wörterbuch mit denselben füllen. Mehrere der landesüblichen schmückenden Beiwörter des Weines sind ein Gedicht aus dem Volksmunde, in ein einziges Wort zusammen- )armonisch edlen firnen Veinistem „Chrysam", alle gleichwie ist die neuere nur dergestalt gedrängt. So sagt man gar schön von einem recht Trank: „es ist Musik in dem Wein", ein guter alter ein geweihtes Salböl. Die „Blume", das „Bouquet" des Weines sind aus ursprünglich örtlichen Ausdrücken bereits allgemein deutsche geworden. An solch prächtigen poetischen Bezeichnungen für seinen Wein ist der Rhein- gauer so reich, wie der Araber an dichterischen Beiwörtern für sein edles Roß. Aber nicht minderen Ueberfluß hat des Rheingauers Wortschatz an spöttischen Geißelwörtern für den schlechten, aus der Art geschlagenen Wein, in denen sich der rheinische Humor gar lustig spiegelt. Im Mittelalter ist der schlechte, saure Wein, „davon die Quart nicht ganz drei Heller galt", am Rhein „Rathmann" geheißen worden, aber wohl schwerlich aus dem Grunde, den ein späterer Chronist angiebt, wenn er meint: „Denn wie viel man dessen trank, ließ er doch den Mann bei Verstand, Rathsleut verständig sein sollen". Malerisch anschaulich rheingauische Bezeichnung als „Dreimännerwein", welcher getrunken werden kann, daß zwei Männer den Trinker festhalten, Immit ihm ein Dritter das edle Naß in die Kehle gießen könne. Musikalisch an- schaulich klingt der dröhnende „Rambaß" für den groben, rohen Polterer unter den Weinen. Des Dreimännerweines leiblicher Bruder ist der „Strumpfwein", ein Gesell von so sauren Mienen, daß bei seinem bloßen Anblick die größten Löcher in den Strümpfen sich von selber zusammen- ziehen. Der leichte, flaue, milde, charakterlose Wein, der Philister unter den Weinen, den man täglich wie Wasser trinkt, läuft als „Flöhpeter" mit. Dem oberdeutschen „Batzenwein" entspricht der rheingauische „Groschen- burger", als der hervorragendste Vertreter sämmtlicher „Kutscherweine". Nicht minder unerschöpflich als die Poesie des Weinbergs, aber noch mel weniger ergründet ist die Poesie des rheingauischen Kellers. Nicht Schloß Johannisberg und Kloster Eberbach allein haben ihren Wein in prachtvollen Kreuzgewölben lagern, wo der Doppelschein des gebrochenen Tagesuchts und des Lampenschimmers so magisch an den Wölbungen wider- strahlt, während schwer lastende Mauerpfeiler die riesig ausgereckten Schatten Dazwischen werfen. Das wiederholt sich im Kleinen in Hunderten von alten Krüger, Geographische Bilder. J2
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