1878 -
Danzig
: Verlag und Druck von A. W. Kafemann
- Hrsg.: Krueger, Karl A., ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Bilder aus Europa. — Deutsches Reich.
auch nur bedeutende Bäche, in einer Länge von 10 Meilen durch das
hannoversche Land von Lüneburg bis Celle erstreckt. Zwei Drittel alles
Bodens ist hier mit Haidekraut bewachsen oder bildet Moor- oder Bruch-
land. Von der Elbe aus führt durch die Haide eine Straße nach Han-
nover, und wenn diese schon einsam und öde ist, so daß man oft meilenweit
keinen Menschen zu sehen bekommt, so sind es die Nebenwege noch mehr.
Nur von Zeit zu Zeit, nach vielstündiger Wanderung, gelangt man zu
einem kleinen weitläufig gebauten Dorfe. Hat man sich daher in der oft
mannshohen Haide, welche dann und wann nur mit kümmerlichem Nadelholz-
gebüsch oder dünnen Fichten- und Kieferwaldungen abwechselt, verirrt, so
kann man tagelang darin umherstreifen, ohne eine bewohnte, oder auch nur
bebaute Stätte anzutreffen. Nur von Bienen, welche es hier in so großer
Menge giebt, daß man von ihnen jährlich für 600,000 Mark Wachs und
Honig gewinnt, wird man fast fortwährend umschwärmt, und man muß
sich wohl hüten, sie zu reizen; denn der Fälle sind nicht wenige, daß sie in
dichten Schwärmen über ihre Beleidiger hergefallen und ihnen mit ihren
kleinen, aber scharfen Waffen höchst gefährlich geworden sind: solch' grimmigen
Angriffen müssen bisweilen die stärksten und muthigsten Pferde unterliegen.
Auch von kleinen, schwarzen, unansehnlichen Schafen, Haidschnucken ge-
nannt, welchen die magern, aber gewürzhaften Haidekräuter eben so gut
bekommen, wie den Bienen die süßen Blüthen derselben, trifft man bis-
weilen große Heerden an; sie bringen den Einwohnern vielen Nutzen und
machen oft den ganzen Reichthum derselben aus. Sonst sieht man auf
dem ganzen Wege durch die Haide selten etwas Lebendiges; die Schaaren
von hungrigen Raben noch abgerechnet, welche durch ihr hohles Gekrächze
die traurige Einöde nur noch unheimlicher machen. Die wenigen, in
meilenweiter Entfernung von einander gelegenen Dörfer durchfließt zu-
weilen ein kleiner Bach, meistens indeß nur ein Graben, dessen öliges,
eisenhaltiges unschmackhaftes Wasser seinen Ursprung im Moorgrunoe verräth.
Um otefe Dörfer herum wächst neben dem röthlich blühenden Buchweizen
mit seinen zierlichen eckigen Blättern auch etwas Roggen, Gerste, Hafer
und Rüben auf dem von mageren Grasplätzen unterbrochenen, urbar ge-
machten Sandboden; doch sind diese Felder, selbst wenn sie, um neue Trag-
kraft zu sammeln, jahrelang brach gelegen haben, nur dürftig mit dünnen,
kurzen Hälmchen bedeckt, und die Ernte fällt fast ganz aus, wenn der Regen
nicht rechtzeitig die Bemühungen der armen Landbauer unterstützt. Einzelne
Birken, Buchen und Eichen, welche man bisweilen in der Nähe der Dörfer
erblickt, bringen hier ebenfalls einige Abwechselung in die fast ununter-
brochene Einförmigkeit. Einen eigenthümlichen Anblick gewährt auch nicht
selten das Mauerwerk dieser Dörfer; es besteht nämlich aus auseinander
gelegten und mit Moos verstopften Granitblöcken, deren an manchen Orten
viele zerstreut umherliegen, und ist durch die Länge der Zeit mit grünem
Moose dicht überwachsen. L. Gittcrmann.
105. Der Taunus und Westerwald.
Der Taunus oder die Höhe, das Höhengebirge, zwischen Lahn, Rhein,
Main, Nidda und Wetter, steigt an der östlichen Grenze von Nassau m
sanften Erhebungen aus der Ebene der Wetterau empor und zreht rm
ganzen in südwestlicher Richtung durch das südliche Nassau. Gegen das
untere Mainthal fällt er steil ab, bleibt aber mit seinem Hauptrucken
2 bis 3 Stunden von dem Strom entfernt; in seinem weiteren Zuge nähert
er sich allmälig dem Rheine in einem spitzen Winkel und erreicht das
Stromthal in schroffem Absturz bei Rüdesheim und Asmannshausen. Das