1878 -
Danzig
: Verlag und Druck von A. W. Kafemann
- Hrsg.: Krueger, Karl A., ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Bilder aus Europa. — Deutsches Reich.
endet wurde. Ariern mit reichen Salzquellen, Sömmerda an der
tiefsten Stelle des Landes, anderer Städte nicht zu gedenken.
Nicht nur der Reichthum des Bodens, auch die reiche natürliche Glie-
derung des Landes sind die Ursache gewesen, daß sich in Thüringen so
viele selbstständige kleine Staate gebildet haben. Wenn auch etliche ver-
schwunden sind, so finden wir doch heute noch hier vier Herzogthümer
Sachsen (das Großherzogthum Sachsen - Weimar - Eisenach, "die Herzog-
thümer Altenburg, Coburg-Gotha und Meiningen-Hildburghausen), zwei
Fürstenthümer Schwarzburg (Rudolstadt und Sondershausen) und zwei
Fürstenthümer Reuß (ältere und jüngere Linie). Keiner dieser Staaten
ist zusammenhängend gelegen, jeder besteht aus mehreren getrennt liegenden
Theilen, so daß eine genaue Landkarte Thüringens gar bunt aussieht;
selbst die preußische Provinz Sachsen zeigt in ihrem thüringischen Theile
manche Gliederung und Zersplitterung.
Am Südrande dieses Berglandes erhebt sich der thüringer Wald.
Eine wellige niedere Hochfläche trennt das Gebirge vom Fichtelgebirge;
nur der Döbraberg erhebt sich bis 808 Meter und von hier zieht sich
das Kettengebirge 18 Meilen weit nach Nordwest bis Eisenach an oer
Hörsel. Zuerst ist es 5 bis 7 Meilen breit, dicht bewaldet mit steilen Thälern
im Schiesergestein (Grauwackenschiefer) und dicht bevölkert von industrie-
reichen Bewohnern. Hier werden die Unmengen von Spielsachen, hölzernen,
bleiernen und gläsernen gefertigt, die Hunderttausende von Schachteln und
Kisten^ hier werden die Schiefertafeln bereitet, welche zum Dachdecken und
für die Schulkinder in alle Welt versandt werden; hier arbeiten Eisen-
hütten, Glas-, Porzellan- und andere Fabriken. Fast jedes Dorf ist der
Sitz einer eigenen gewerblichen Thätigkeit, und die Stadt Sonneberg
ist ein Mittelpunkt, wohin die Waaren gesandt werden, um von hier über
die ganze Erde sich zu verbreiten. Dies ist die Industrie des Franken-
waldes. So heißt das Gebirge vom Döbraberge bis etwa zum Bleß-
berge in der Nähe von St ein hei de, wo die Gewässer sich scheiden,
welche zum Main und zur Weser und Elbe fließen. Von hier beginnt der
thüringer Wald. Das Gestein ist ein anderes (Porphyr, todtliegender
Granit), der Kamm wird schärfer hervortretend, und die Breite ist nirgend
über zwei Meilen. Liebliche Querthäler steigen von ihm nieder; an ihren
Ausgängen liegen meist bedeutende Ortschaften, wie Hildburg Hausen,
Meiningen, Suhl, Salzungen, Eisenach, Waltershausen, Ge-
orgenthal, Ohrdruf, Arnstadt, Ilmenau, Rudolstadt; in ihren
Betten führen viele schöne Straßen leicht über das Gebirge. Auch die
höchsten Gipfel erheben sich aus dem Kamme, der Beerberg, Schneekopf,
Finsterberg, Jnselberg. An Waldreichthum steht er dem Franken-
walde nicht nach, und Holzarbeiten, z. B. große Zimmerplätze, beschäftigen
viele Bewohner. Die Gewehrfabriken in Suhl, Zella und Mehlis,
die Puppen- und Fleischsabriken in Waltershausen, Hüttenwerke und
Bergbau, Pechhütten und Köhlereien, Porzellan- und Glasfabriken schaffen
ein reges Leben in den Thälern und auf den Höhen, und große Züge
Reisender begegnen uns im Sommer, welche in der frischen Bergluft Er-
holung, in den lieblichen Thälern an den Schönheiten der Natur ihre
Freude finden. Zu diesen Thälern gehören besonders folgende:
Das Marienthal mit den Engen des Annathals und der Land-
grafenschlucht führt von Eisenach unter der Wartburg vorbei nach der
hohen Sonne und hinüber nach Wilhelmsthal, einem Sommersttze des
Großherzogs von Weimar. Von Tabarz führt das Felsenthal und von
dem köstlichen Schlosse Reinhardsbrunn der ungeheure Grund zum
Jnselberge hinauf. Dicht dabei ist die Stadt Friedrichsroda, ein mel-