1878 -
Danzig
: Verlag und Druck von A. W. Kafemann
- Hrsg.: Krueger, Karl A., ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Bilder aus Asien.
daß sie in den Künsten und Wissenschaften jetzt durchaus nicht weiter sind,
als sie schon vor Jahrhunderten darin waren,'und daß sie ihre Sitten und
Gebräuche nicht im Geringsten verändern, obgleich viele derselben sehr lästig
und abgeschmackt sind. Uebrigens ist der Chinese äußerst arbeitsam, aus-
dauernd und in Handarbeiten unglaublich geschickt. Es giebt wenig Länder,
welche so sorgfältig angebaut sind, als China; selbst die Hügel und Berge
werden benutzt, indem man sie mit großer Mühe terrassensörmig bearbeitet
und auf ihrer Spitze Wasserleitungen anlegt, um sie gehörig zu bewässern.
Aber in keinem Lande wird der Ackerbau auch wohl so geschätzt als hier.
Reisfelder, Thee- und Baumwollenpflanzungen bedecken große Strecken des
Landes und von den Blättern der Maulbeerbäume werden zahllose Seiden-
raupen ernährt. Unzählige Kanäle durchschneiden das Land, verbinden die
großen Ströme und fördern den Handel.
Männer und Frauen tragen lange und weite, unsern Schlafröcken
ähnliche Kleider, welche bis auf die Erde reichen, und unter denselben Bein-
kleider. Das Haupthaar wird bis auf einen Büschel auf dem Wirbel, den
man als Flechte trägt, ganz und gar abgeschoren.
In den höheren Stünden werden den Mädchen gleich nach der Geburt
die Zehen unter die Fußsohle gedrückt und durch Binden befestigt, wodurch
der Fuß oft nur eine Länge von 10 bis 13 Centim. erhält und die Knöchel
anschwellen, sodaß das Gehen höchst beschwerlich und unsicher wird.
Die chinesische Sprache ist einsilbig und in ihrem Bau überaus einfach
und unvollkommen. Jedes Wort derselben erhält durch verschiedene Beto-
nung wohl an dreißig bis fünfzig verschiedene Bedeutungen. Ist der Ton,
mit dem man ein Wort ausspricht, härter oder weicher, höher oder tiefer,
mit einem Hauch begleitet oder nicht, so ist jedesmal die Bedeutung ver-
schieden. Das Wort Fu kann in verschiedener Aussprache bedeuten: helfen,
See, Theekanne, dunkel, streichen, Tiger, Stadt, bitter, Mann, gegenseitig,
rufen, übereinstimmen, Vater, Thür, Weib, tragen, Hülfe, anvertrauen,
befehlen, Kaiser, Hosen, Arbeiter. Die ärgsten Mißverständnisse kommen
sogar unter Chinesen aus verschiedenen Provinzen vor. Die Zahl der
Schreibzeichen, die ein Gebildeter kennen muß, beträgt vielleicht mehr als
80,000 und das ganze Leben reicht kaum hin, dasjenige in China zu lernen,
was ein Kind bei uns mit geringer Mühe erlernt. Dies gilt indeß nur
für den Umfang der ganzen Sprache, die einfachere Sprache des gemeinen
Lebens fordert nur einige tausend Zeichen. Die Chinesen schreiben die
Wörter unter einander, sodaß die Zeilen spaltenweise die Seiten von oben
nach unten füllen. Die Missionare haben jetzt angefangen die chinesische
Sprache mit lateinischen Buchstaben zu schreiben. Die alte Zahl der Buch-
staben hat aber nicht ausgereicht. Sie haben sich Zeichen oder Buchstaben
für 39 Selbstlaute und 35 Mitlaute gemacht.
Die gebildeten Chinesen haben eine andere und bessere Religion als
das gemeine Volk. Diese Religion, von welcher noch später die Rede sein
wird, rührt von Confucius her, der 500 Jahre vor Christi Geburt lebte
und die Verehrung eines einzigen höchsten Wesens lehrte, das die Welt
erschaffen habe. Das Volk verehrt ungeheure Götzenbilder, welche in den
Tempeln mit kreuzweise über einander gelegten Beinen sitzen, und läßt sich
von den Priestern betrügen. Ein Jeder hat auch in seinem Hause einen
Götzen, an den er seine täglichen Gebete richtet und den er nicht selten
prügelt, wenn er nicht Erhörung findet. Sonn- und Festtage haben die
Chinesen nicht, aber die beständig offenen Tempel sind täglich mit Betenden
angefüllt, und man unternimmt keine wichtige Handlung, ohne sich vorher
in den Tempel zu begeben.