1878 -
Danzig
: Verlag und Druck von A. W. Kafemann
- Hrsg.: Krueger, Karl A., ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Bilder aus Afrika.
Iii. Wilder aus Afrika.
143. Aegypten.
Aegypten ist ein heißes, regenloses, trockenes Land, das nur dem Nil-
strome seine Fruchtbarkeit und seine hohe Bedeutung verdankt. Dieser
Strom, welcher weit aus dem Innern von Afrika oem mittelländischen
Meere zustießt, entsteht durch die Vereinigung zweier Quellströme, von denen
der westliche der weiße Nil, der östliche der blaue Nil genannt wird, fließt
dann in einem bald engeren, bald weiteren Thale bis an die Südgrenze
Aegyptens, durchbricht hier ein Granitgebirge und stürzt in drei Katarakten
oder Stromfällen in ein tieferes Stromthal. Hier, bei der Stadt Assuan
(Syene), beginnt er seinen Lauf durch Aegypten uiid durchströmt nun als
mächtiger, schiffbarer Fluß in vorherrschend nördlicher Richtung einen einzigen
150 Meilen langen und 2 bis 3 Meilen breiten Thalgrund zwischen der
lybischen uiid arabischen Bergkette. Das zwischen diesen Bergketten einge-
schlossene Land wird alljährlich durch die Überschwemmung des Nil be-
fruchtet. Im März beginnt das Wasser in Folge der tropischen Regengüsse
im mittleren Afrika zu wachsen, wird höher und höher und überschwemmt
im August ganz Aegypten, so daß man mit Kähnen umherfährt und Städte
und Dörfer wie Inseln aus dem Wasser heraussehen.
Diese Überschwemmungen führen dem Lande fruchtbaren Boden zu.
Sobald sich Ende September das Wasser verlaufen hat, wird der Schlamm-
boden ohne weitere Bearbeitung besäet. Der Same geht rasch auf, und
während wir in Europa Schnee und Eis haben, reist in Aegypten die
üppigste Saat heran und kann schon anfangs März eingeerntet sein. Nun
naht allmählich eine alles austrocknende Hitze; der Boden überzieht sich mit
dickem Staube, das Laub der Bäume verdorret, und alles erwartet mit
Sehnsucht die Zeit, wann die Wasser Erlösung von den Qualen des Staubes,
der Augenkrankheiten und der Hitze bringen. Bleiben die Ueberschwem-
mungen aus, oder steigt der Nil nicht hoch genug, so kommt Aegypten m
große Gefahr. Darum ließ in ganz früher Zeit der König Möris süd-
westlich von Memphis einen See graben, welcher aus dem 40 Meter höher
gelegenen Nil gefüllt wurde. Er hatte den doppelten Zweck, in Zeiten der
Noth eine Vorrathskammer von Wasser zu sein und die anliegende trockene
Landschaft zu bewässern, die noch jetzt die fruchtbarste von ganz Aegypten ist.
Durch zahlreiche Canäle, von denen der größte der Josephscanal, den
Nil entlang läuft, durch Schleusen und Schöpsmaschinen suchte man den
fruchtbaren Nilschlamm nach allen Richtungen hin auszubreiten und ver-
wandelte dadurch das sandige Nilthal in die fruchtbarste Landschaft, die
gesegnete Kornkammer des Alterthums wie der Gegenwart. — Unterhalb
Memphis erweitert sich das Thal bedeutend, und die Bergketten treten
weiter von einander. Hier bildet der Nil, der sich im Alterthum in sieben