1878 -
Danzig
: Verlag und Druck von A. W. Kafemann
- Hrsg.: Krueger, Karl A., ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Die Bewohner von Nordafrika. — Abessinien.
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146. Die Bewohner von Nordafrika.
Die Abkömmlinge der ältesten Bewohner sind die Kabylen; sie haben
sich in die Berge zurückgezogen und sind als Räuber sehr gefürchtet; man
nennt sie Berber und hält sie für direkte Nachkommen derjenigen Völker,
welche man zur Römerzeit unter dem Namen der Numidier begriff.
Das niedere Land ist in kleinen Städten und Dörfern von dem Volke
bewohnt, das hier den Namen der Mauren führt; sie find Ackerbauer und
Hirten, sind mitunter wohlhabend, ja vielleicht sogar reich; aber sie suchen
den äußeren Anschein größter Armut zu erhalten, um von ihren Peinigern,
den Türken, nicht geplündert zu werden. Ein vernünftiges Besteuerungs-
system ist so wenig hier als anderswo in der Türkei eingeführt. Das
Kopfgeld und der Zehnten sind zwar Namen von Steuern, kein Mensch
zahlt aber dieselben; sondern sie werden durch bewaffnete Banden von
türkischer Milz eingeholt, die natürlich viel mehr nehmen, als wozu sie be-
rechtigt sind, und ebenso natürlich viel weniger an den Dey abgeben, als
sie erhalten haben oder als dieser zu fordern hat.
Dieses Raub- und Plünderungssystem erstreckt sich über ganz Nordafrika,
und es wird nicht nur an Geld, an Früchten und Vieh genommen, was
irgend das Gefallen der Exekutoren erregt, sondern es werden eben so die
schönen Mädchen und Knaben geraubt und als Sklaven verkauft; sie be-
völkern dann das Haus und den Harem der türkischen Gewalthaber.
Die eigentlichen Türken bewohnen nur die größeren Städte, werden
nie aus den Dörfern gesehen, außer in der Eigenschaft von Plünderern. Sie
sind die herrschende Race, aber, sonderbar genug, ihre Kinder sind es nicht.
Diese heißen Kologiles und sind gewöhnlich in so weit gemischten Blutes,
als nur die Väter Türken, die Mütter aber Maurinnen sind.
Die Religion ist über das ganze Land die muhamedanische, aber aller-
dings mit mannichfaltigen und sehr willkürlichen Entstellungen; denn die
sogenannten Heiligen, die Marabuts, welche eine große Verehrung genießen,
sind die Ausleger des Koran, den sie weder lesen können, den sie weder
gesehen haben, noch, wenn sie ihn gesehen hätten, verstehen würden.
Unter diese Bevölkerung ist noch gemischt ein guter Theil Neger-
sklaven, welche durch die Karawanen hierhergebracht werden.
Noch eine Klasse von Menschen findet man an der Nordküste von
Afrika häufig verbreitet, es sind dieses die Juden, welche die Handelsver-
mrttler zwischen dem Innern des Landes und den Küstenstädten, welche
ferner die einzigen Industriellen des Landes sind; vorzugsweise verfertigen
sie aber nur Gold- und Silberwaaren ziemlich ungeschickt.
Nach Zimmermann.
147. Abessinien.
Abessinien, auch Habesch genannt, einst Aethiopien und in der Bibel
mit Nubien Cusch geheißen, ist etwas größer als Deutschland und ein mit
allen irdischen Gütern reich gesegnetes Land. Es grenzt gegen Morgen
nach dem rothen Meere hin an die wüste, heiße Thalebene des Adal-
l and es und weiterhin an die glühende Sandwüste Sahara, im Süden
an den Hawasch, im Westen an den b lauen Nil, einem der beiden Quell-
arme des Nilstromes, und im Norden an die Kolla, ein breites, glühendes
Sumpfland, voller Urwälder und reißender, wilder Thiere. Von allen
Serien steigt man terrassenförmig in das majestätische Gebirgsland, dessen
Hochebenen mehr als 1250 Meter über dem Meere liegen und auf welchen
sich Berge bis zu 1250 Meter Höhe erheben. Obwohl das Land in der