1878 -
Danzig
: Verlag und Druck von A. W. Kafemann
- Hrsg.: Krueger, Karl A., ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Der Niagarafall. — Die Mammuthhöhle.
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Wir können über eine an Eisendrähten hängende Brücke gehen, die
unmittelbar vor den Fällen von einem Ufer zum andern führt; wir können
über auch den Kahn benutzen, der unten tief im Grunde den Fährdienst
vermittelt. Immer werden wir den Blick nicht abwenden von dem ein-
fachen und dabei so großartigen Schauspiel, welches diese silberne, unaus-
gesetzt sich hinabsenkende, nischenförmige Wasserwand gewährt. Der Regen
des Bnllantstaubes durchnäßt uns; die Sonne spiegelt sich auf rhm m den
intensivsten Regenbogenfarben; Wirbel und Strudel bildet das Wasser noch
meilenweit unterhalb seines Sturzes. Gegen dieses brausende Leben der
Umgebung erscheint der Hufeisenfall ruhig und ernst; , er verzichtet
auf alle kleinen malerischen Nebensachen in dem Bewußtsein, der Erste
unter allen Wasserfällen der Welt zu sein.
Auf kanadischer Seite finden wir eine ziemlich bequeme in den Felsen
gehauene Treppe bereit, die uns hinabführt unter den großen Hauptfall.
Die Promenade ist nicht gefährlich, aber eigentlich auch nicht lohnend. Auf
den Gebrauch seiner Sinne muß man gänzlich verzichten. Das Wasser
tobt und rauscht über unsern Häuptern, daß selbst Kanonendonner hier un-
gehört verhallen würde. Wir tasten uns, gänzlich in Gummi vermummt,
aus den nassen Steinen weiter, über uns das Wassergewölbe, welches nie-
mals die Lmien seiner Bahn verläßt, so daß man sich der bewegten Wand
nähern kann, ohne andere Gefahr, als die eines noch stärkeren Sprühregens.
Aber man sieht eigentlich nichts, als dieses hinabjagende Krystall, welches
nur schwach etwas Tageslicht durchläßt. Bald wird es uns unheimlich
unter dem Niagarasall; wir klettern hinauf, werfen die triefenden Hüllen
ab, freuen uns des Sonnenlichtes und der wunderbaren Naturschauspiele,
Die es bescheint. Nach der Danziger Zeitunq.
174. Die Mammuthhöhle.
Das Cumberlandsgebirge in Nordamerika enthält eine große Mannich-
faltigkeit tief eindringender Höhlen, wie sie überhaupt den Kalkgebirgen
eigen sind. Die merkwürdigsten sind die krumme Höhle und die Mam-
muthhöhle, beide im Staate Kentucky. Erstere liefert, wie die meisten
-Höhlen dieser Art, Salpeter in ungeheurer Menge. Jährlich werden 600
bis 700 Centner zu Tage gefördert und zum Theil in den nahe gelegenen
Pulvermühlen benutzt, vieles nach anderen Staaten ausgeführt.
Merkwürdiger ist die Manunuthhöhle. Die 12 Meter tiefe Oeffnung
führt zu einem 15 Meter hohen, 10 Meter breiten Gang, der sich bald
verengt; aber bald erweitert sich derselbe wieder, und man kann in diesem
Gang fast eine halbe Stunde fortschreiten. Von da an hat die Höhle eine
Strecke 18 Meter Höhe und 12 Meter Breite, dann 20 bis 30 Meter Höhe
und behält dieselbe Größe bis zu einer Entfernung von 1h4 Meile vom
Eingänge; dann stößt sie auf einen freien Platz, 2 Hektar im Umfange,
30 Meter hoch, ohne Pfeiler, ein schönes Kalksteingewölbe. Von dort gehen
fünf Gänge nach verschiedenen Rrchtungen, einige sehr weit. Der vierte
Gang breitet sich in ein 60 Meter hohes Gewölbe aus' von dort leitet ein
280 Meter langer Gang zu einem 60 Meter hohen Platz, und nahe am
Ende dieses Ganges stürzt ein gewaltiger Wasserfall von einem 25 Meter
hohen Felsen über Kalktrümmer hin und verschwindet in einem tief aus-
gehöhlten Becken. Kahnfahrten bei Fackelschein über die ausgedehnten Seen
der Höhle (von welchen wir nur das todte Meer nennen) geben eine unge-
fähre Vorstellung von der Ausdehnung der Höhlenreviere. Wenn man
von dem Wasserfall etwa 100 Meter werter rückwärts geht, kommt man in
einen andern, etwa eine halbe Stunde langen Gang. Am Ende desselben