1867 -
Berlin
: Dümmler
- Autor: Voigt, Ferdinand
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Polnische Angelegenheiten.
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der polnischen Grenze ein Heer.auf, während 10,000 Russen in
Polen selber einrückten, unter deren Aufsicht und Einwirkung
Stanislaus Augustus am 7. September 1764 zum Könige ge-
wählt und am 25. November gekrönt wurde. Da jedoch ein großer
Theil des Adels, über den Einfluß Rußlands unzufrieden, dem
neuen Könige alle nur möglichen Schwierigkeiten in den Weg
legte, und andererseits dieser selber eine unabhängigere Stellung
zu gewinnen suchte, fand Rußland bequeme Gelegenheit, aufs
neue in die polnischen Verhältnisse einzugreifen. Es verlangte
namentlich ein Schutz- und Trutz-Bündniß mit Polen und für
die Dissidenten d. h. Nicht-Katholiken die Rechte zurück, die ihnen
1573 eingeräumt, aber 1733 gänzlich entzogen worden waren.
Nicht bloß Preußen, sondern auch Groß-Britannien und Däne-
mark schlossen sich der letzteren Forderung an, und als der Reichs-
tag sich dem nicht fügen wollte, bildete sich, von Rußland und
Preußen unterstützt, die sich zu dem Zwecke noch enger mit ein-
ander verbunden hatten, 1767 unter dem Fürsten Radziwill
eine General-Conföderation der Dissidenten zu Radom,
welche auf Bewilligung dieser Forderung drang. Da sich der
Bischof Soltyk von Krakau nebst mehreren geistlichen und
weltlichen Herren diesen Anforderungen mit aller Macht wider-
setzte, ließ der russische Fürst Repnin, der mit einem Heere in
Polen stand, diese Männer am 13. October 1767 aufheben und
nach Sibirien schleppen. Im Februar 1768 wurden darauf den
Dissidenten gleiche Rechte mit den Katholiken zuerkannt, und die
Verfassung des polnischen Staates festgestellt.
Diese gewaltsamen Maßregeln Rußlands riefen eine gewal-
tige Aufregung in Polen hervor, welche durch die Geistlichkeit
sowie durch die Bemühungen Frankreichs noch mehr vergrößert
wurde. Der Graf Krasinski und andere angesehene Polen
brachten schon im October zu Bar in Podolien eine katholische
G egen- Co ns ö d eration zu Stande, die den fremden Ein-
fluß vernichten und sogar den König verdrängen wollte. Stanis-
laus Augustus rief deshalb die Russen zu Hülse, welche jene
Conföderation auseinander sprengten, die Flüchtenden auf das
türkische Gebiet verfolgten und dabei das Städtchen Balta (in
der Nähe des Dnjestr, hart auf der damaligen polnisch-türkischen
Grenze) in Brand steckten. Darüber wurde der Sultan, durch
Polen und Franzosen aufgestachelt, so erbittert, daß er (im Octo-
der 1768) den Russen den Krieg erklärte. Vergeblich suchte
Friedrich zrp vermitteln, er konnte sich aber um so' weniger dem
Bündniß mit Rußland entziehen, als die Türkei auch die Wahl
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