1867 -
Berlin
: Dümmler
- Autor: Voigt, Ferdinand
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Xiv. Preußen als Großmacht.
zu werfen und bis Strasburg zu jagen. Die Uneinigkeit der
Oberfeldherren ließ nicht die Früchte dieser Siege pflücken.
Wurmfer wollte den Elsaß erobern, der Herzog war der Mei-
nung, daß zuvor Landau genommen werden müsse; keiner mochte
den andern bei seiner Unternehmung unterstützen. Da jedoch
gab die Veränderung im Oberbefehl bei den Franzosen der
Sache plötzlich eine andere, unglückliche Wendung.
Zum Oberbefehlshaber der Mosel-Armee war Ho che, der
Rhein-Armee Pichegru mit der bestimmten Weisung eingesetzt
worden, Landau zu entsetzen, koste es, was es wolle; an der
Umsicht des Herzogs, an der Tüchtigkeit des preußisch-sächsischen
Heeres brach jedoch der französische Ungestüm. Hoche vermochte
weder bei Bliescastel am 17. November mit 20,000 Mann
7000 Preußen und Sachsen zu werfen, noch bei Kaisers-
lautern am 28. bis 30. mit 40,000 Mann die ihm gegen-
überstehenden 20,000 Verbündeten, vielmehr mußte er beidemal
mit großem Verluste den Rückzug antreten. Glücklicher waren
dagegen die Franzosen gegen Wurmser. Durch unaufhörliche
Angriffe geschwächt, an Allem Mangel leidend, mußte dieser end-
lich am 30. December die Trümmer seines Heeres bei Philipps-
burg über den Rhein zurückführen; der Herzog Ferdinand, der
nur seinen Rückzug hatte decken können, war dadurch genöthigt
gewesen, die Belagerung von Landau aufzugeben und sich in den
Winkel zwischen Rhein und Nahe zurückzuziehen. Die beiden
Feldherren beschuldigten sich gegenseitig, die Niederlage und so-
mit den Rückzug veranlaßt zu haben, was endlich den Herzog
bewog, im Januar 1794 den Oberbefehl niederzulegen, da unter
so traurigen Verhältnissen der nächste Feldzug eben so ausfallen
müsse.
An seine Stelle trat der Feldmarschall v. Möllendorf,
doch war es sehr fraglich, ob Preußen auch noch ferner sich an
dem Kriege betheiligen würde, da seine Finanzen gänzlich er-
schöpft waren. Vergeblich hatte es gesucht, das Reich zu den
Kriegskosten heranzuziehen; auch der Kaiser, der Preußen durch
den Vertrag von 1792 gebunden hielt, schlug jede Forderung
rund ab, selbst als die Seestaaten die größere Hälfte der Hülss-
gelder zu zahlen sich erboten. Der König gab deshalb im März
1794 den Befehl, nur 20,000 Mann als pflichtschuldiges Con-
tingent am Rhein zu lassen, die übrigen Truppen aber nach
Hanse zuführen. Erst da brachte Lord Malmesbury am 19. April
im Haag einen Vertrag mit Preußen dahin zu Stande, daß
letzteres ein Heer von 62,400 Mann im Felde halten, und daß