1867 -
Berlin
: Dümmler
- Autor: Voigt, Ferdinand
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Xiv. Preußen als Großmacht.
war schon Willens, die Hauptstadt preis zu geben, und hatte
sich nur auf die dringenden Vorstellungen der preußischen Ge-
nerale dazu verstanden, auf den Höhen unmittelbar südlich von
der Stadt eine Schlacht anzunehmen. Ehe jedoch am 23. der
Rückzug dorthin angetreten wurde, griffen bereits die Franzosen
auf ihrem rechten Flügel die Preußen bei Blankenfelde an,
wo Tauenzien 12,000 Mann, fast nur Landwehr, befehligte
und seine Stellung tapfer behauptete. Das französische Centrum,
von dem rechten Flügel durch ein großes Elsbruch getrennt,
trieb bei Groß-Beeren die Vortruppen des Generals Bülow
zurück, der mit etwa 40,000 Mann auf eigne Gefahr hin —
er hatte Befehl zum Rückzug erhalten — auf den Feind ein-
drang, da dieser erst allmählich aus dem Walde hervortrat und
durch das furchtbarste Regenwetter an jeder freien Umsicht be-
hindert wurde. Mit dem Bajonet und Gewehrkolben rückten
die Preußen von zwei Seiten den Sachsen auf den Leib. welche
Groß-Beeren besetzt hielten, und warfen sie in die Sümpfe und
Gewässer zurück, wo Viele ihren Tod fanden. Die nachfolgen-
den französischen Truppen konnten nur noch den Rückzug we-
niger gefährlich machen; die Reiterei des linken Flügels erschien
erst da auf dem Schlachtfelde, als die Sache entschieden war,
und wurde leicht geworfen. 14 Kanonen. 1500 Gefangene wa-
ren in den Händen des Siegers, Berlin war gerettet. Der
Kronprinz aber, ungeachtet er gar nichts zu diesem Siege bei-
getragen, wußte durch seine entstellenden Berichte den Ruhm
desselben auf Kosten Bülow's sich anzueignen.
Der Marschall Davoust hatte von Hamburg her die
Unternehmung Ondinot's unterstützen sollen, er war aber in
Mecklenburg stehen geblieben; dagegen war der General Gi-
ra rd mit 12,000 Mann von Magdeburg aufgebrochen und
bereits bis Belzig gekommen, als er die Niederlage Ondinot's
erfuhr. Er war im Begriff umzukehren, als er am 27. August
bei Hagelberg, im Westen der Stadt, von dem General
Hirschfeldt angegriffen wurde, der etwa eine gleiche Zahl, doch
nur wenig geübte Landwehr, bei sich hatte und von wenigen
Hundert Kosaken unter Tschernitschef unterstützt wurde. 4000
Franzosen wurden erschossen oder mit Kolben erschlagen, 5000
gefangen, 7 Kanonen erbeutet; mit kaum 1800 rettete sich Gi-
rard nach Magdeburg. Nicht weniger als 6000 Gewehre wur-
den auf dem Schlachtfelde aufgelesen, eine willkommene Bente
für die Landwehr, welche zum Theil nur mit Piken versehen
war, und als deren Ehrentag dies Gefecht angesehen werden muß.