1867 -
Berlin
: Dümmler
- Autor: Voigt, Ferdinand
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Xiv. Preußen als Großmacht.
sein Volk mit so großer Hingebung gebracht hatte, keine anderen
Entschädigungen erhielt, aus die er mehr als viele andere gerech-
ten Anspruch hatte. Daß das nicht geschah, daran war zunächst
England schuld, das sich, wie oben gesagt, schon zu Anfang 1813
Ostfriesland re. ausbedungen hatte, dann auch Rußland, welches
das gesammte bisherige Herzogthum Warschau für sich in An-
spruch nahm. Während aber Rußland darauf drang, daß Preußen
für seinen Verlust in Polen durch ganz Sachsen entschädigt würde,
dessen König durch sein starres^Festhalten an Napoleon alles Recht
verwirkt habe, und das durch Eroberung in die Gewalt der
Verbündeten gekommen wäre, schloß sich Lord Castlereagh dem
Fürsten Metternich an, der bald genug seine desfallsigen frühe-
ren Zusagen ganz dreist zurücknahm. Friedrich Wilhelm war
mit _ dem russischen Vorschlage durchaus zufrieden. Seine ehe-
maligen polnischen Länder verlangten zu ihrer Cultivirung einen
nicht geringen Geldaufwand, während er in Sachsen ein hoch
cultivirtes Land mit einer betriebsamen deutschen protestantischen
Bevölkerung stand. Er wollte sogar für diese Erwerbung dem
Könige von Sachsen in Westfalen oder auf dem linken Rhein-
ufer ein Gebiet überwiesen wissen, das dieser als König, seine
Nachkommen als Großherzöge besitzen sollten. Anders dagegen
faßte namentlich Oesterreich die Sache auf. Einerseits fürchtete
es das Uebergewicht Rußlands, wenn dies in den Besitz des
ganzen Herzogthums Warschau käme, andererseits sah es aber
auch in Preußen einen gefährlichen Nachbar, wenn dasselbe auch
auf der Nordseite unmittelbar mit ihm zusammenstieße und da-
durch neue, wohlgelegene Angriffspunkte auf die österreichische
Monarchie gewönne. Ueberdies wurde auf den Umstand auf-
merksam gemacht, welche Bedenken es habe, wenn der König von
Sachsen, dessen Hinneigung zu Frankreich so hart gestraft würde,
jetzt dicht an der französischen Grenze Besitzthum erhalten sollte; da-
durch müsse die Sicherheit Deutschlands aufs ärgste bedroht werden.
Talleyrand benutzte diese Umstände vortrefflich, um bei die-
sen Verhandlungen für Frankreich eine Stellung einzunehmen,
die eine ganz unnatürliche genannt werden muß; er hat nicht
wenig dazu beigetragen, die Angelegenheiten zu verwirren, da er
durch diplomatische Verhandlungen für Frankreich womöglich den
Einfluß gewinnen wollte, den es durch den so eben beendigten
Krieg verloren hatte. Unter den kleineren deutschen Staaten,
deren Mißgunst gegen Preußen unter solchen Umständen er-
wünschte Nahrung fand, war es besonders Bayern, das entschie-
den gegen die Vereinigung Sachsens mit Preußen protestirte,