1864 -
Augsburg [u.a.]
: Rieger
- Hrsg.: Frey, Michael, Büschl, Andreas
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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sehr wichtig ; denn fast in allen Thälern findet man Etsenschmelz- und Guß-
werke, und weithin erschallen die dumpfen Schläge der Eisenhämmer. Andere
Fabriken und großartige Gewerbe sind jedoch selten. Gr ätz, die schönste
Hauptstadt des Landes, liegt an der Mur und an der Eisenbahn von Wien
nach Triest. Sie ist der Sitz des Guberninms und eines Bischofes.
Das Königreich Juyrien besteht aus den Ländern Kärnthen,
Kratn, Friaul und Istrien, und erstreckt sich bis an das adrtatische Meer.
Es ist durchaus gebirgig, aber doch von schönen fruchtbaren Thälern durch-
zogen. Von den Gebirgen sind besonders die jnlischen Alpen mit vielen
Hohlen durchzogen, welche sich oft stundenlang in die Berge hineinziehen, wie
z. B. die A de ls verger hohle; an andern Orten finden sich Erdfälle, in
welche sich Flüffe ergießen, die erst in beträchtlicher Entfernung wieder zum
Vorschein kommen. Die Bergstadt Jdria, von hohen waldigen Bergen um-
geben, bat ein reiches Quecksilberbergwerf, das jährlich an 3000
Zentner Quecksilber liefert. Die Hauptstadt des Landes ist Laibach, wich-
tiger und großer aber rst die Handelsstadt Trieft (80,000 Einwohner),
worin, wie dort, ein Gouverneur und ein Bischof residtren. Hier finden sich
verschiedene hohe und niedere Schnlanstalten, viele Fabriken, und der See-
handel ist so wichtig, daß man den Werth der jährlich aus- und eingeführter«
Waaren auf 100 Millionen Gulden anschlägt.
Die gefürstete Grafschaft Tyrol, 523 Q.-M. mit 900,000 Ein
wohner, ist ein Bergland mit vielen großen und kleinen Thälern, vom I n n
und der Etsch durchflossen. Hier ist der höchste Berg Deutschlands, die
Ortlesspitze, an der Grenze der Schweiz, über 12,000 Fuß hoch. Die
Spitzen der Tyr ole r Alpen sind immer mit Schnee und Eis bedeckt; im
Lande finden sich Adler, Steinbvcke, Wölfe, Rehe, Gemsen re. re. Lawinen
wälzen sich oft voll den Bergen herab, und verschütten ganze Flecken. Berg-
bäche reißen Häuser ab, oder schwemmen Saatfelder vom Felsenabhange fort.
Tyrol zeichnet sich durch mannigfaltige und großartige Naturschönheiten aus:
Himmelansteigende Berge mit den verschiedensten Formen, Gletscher, die im
Sonnenschein glänzen, schwindelerregende Abgründe, schäumende Wasserfälle,
krystallhelle Bäche, reißende Waldstrome, das frische Grün der Wiesen und
dunkle Wälder. Die Flüsse sind: Inn, Lech, Rhein, Etsch mit der Etsack.
Drei Hauptthäler durchziehen das Land: das Innthal, das längste und
eines der schönsten der Welt, das warme Etsch thal, vom größten Flächen-
inhalte und das rauhe Puster thal. Der Ackerbau ist wegen der vielen
Gebirge nicht von großer Bedeutung, obschon er mit Fleiß betrieben wird,
besonders im untern Innthal und in Südtyrol. Der unverdrossene Tyroler
trägt Erde und Dünger in Körben an die Berge hinan, uyi sich einen Acker
anzulegen, und ist bei aller Dürftigkeit heiter. Viele wandern auch wohl
aus, um als Maurer, Dachdecker, Kaminfeger, Zimmerleute u. s. w. Etwas
zu verdienen, kehren aber gewöhnlich in ihre armen Thäler zurück. Die
südlichen Thäler Tyrols haben Wein, Citronen und andere edle Früchte.
Bedeutend ist die Viehzucht wegen der trefflichen Futterkräuter der Berge,
tolz genug vorhanden, groß der Mineralreichthum, namentlich an feinem
upfer; auch werden viele Metall- und Holzwaaren, Seiden- und Baum-
wollenzeuge und Lederarbeiter: geliefert. Die Tyroler sind treue Anhänger
des Hauses Oesterreich, und zeichnen sich aus durch Redlichkeit, Sitteneinfalt,
Offenheit, tiefe Gemüthlichkeit, Vaterlandsliebe, Freiheitssinn, Tapferkeit und
Betriebsamkeit, so wie durch ihre Anhänglichkeit an die katholische Religion.
Hinsichtlich des Charakters und der Sitten zeigt sich zwischen den Bewohnern
von Deutsch- und Wälsch-Tyrol eine Verschiedenheit, wie überharrpt zwischen