1833 -
Stuttgart Wien
: Hoffmann Gerold
- Autor: Hoffmann, Karl Friedrich Vollrath
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
412
Europa, Deutschland, Bewohner.
Zufall und der Zeit hingegeben ist; sie wird von Stutzern, Pflastertre-
tern und Kaufdienern großer Handelsstädte und vornehmen, putzsüchti-
gen Damen zuerst aufgefiscbt und aufgetischt, verbreitet dann allmalig
sich weiter, bis sie, mehre Jahrgänge hinter den Modezeitungen zurück,
unter Handwerksburschen und Jungfern kleiner Städte sich verliert.
Daß ein so großes, in einem so inannichfaltig gestalteten Lande
verbreitetes Volk nicht überall auf gleiche Weise Hansen und wohnen
werde, ist natürlich. Man findet in Deutschland alle Arten von mensch-
lichen Wohnungen, von den elendesten Hütten bis zu den prächtigsten
Pallästen, und man darf nicht erst in entfernte Länder zu halbwilden
Völkern, sondern nur in das Alpengebirge gehen, um zusammenge-
häufte Steinklumpen, mit einem inner» Raume, ohne Fenster, ohne
Rauchfang, ohne Hausgeräth, oft ohne Thüre, zu sehen, die, wenn auch
nur während des Sommers, Menschen zu Wohnungen dienen. Im
übrigen sind die Häuser in Deutschland entweder ganz aus Holz (was
im Alpengebirge häufig der Fall ist), oder aus Holz und Lehm (wie
im nordöstlichen Deutschland in den Dörfern nicht selten), oder aus
Holz und Steinen, was man am häufigsten trifft, oder ganz aus Stein,
was in mehren, besonders größeren, Städten der Fall ist. Die mei-
sten großen Städte hat Norddeutschland, die größte Zahl volkreicher
Dörfer, welche oft an Bauart und Einwohnerzahl manche kleine Städte
des nordöstlichen Deutschlands übertreffen, findet man im südwestlichen
Deutschland.
Fast alle Erwerbs- und Beschäftigungsweisen, welche man
bei den unkultivirtesten so wie bei den gebildetsten Völkern findet, trifft
man in Deutschland.
Uin die ersten Bedürfnisse zu befriedigen, und das Leben zu fristen,
stellt im Alpengebirge der Jäger den Gemsen nach. Hier ist die Jagd
an den unzugänglichsten Orten gefahrvoll, im ebneren, dem bei weitem
größten, Theile zur Kunst erhoben, und mit der Forstwirthschaft ver-
bunden.
Die Fischerei wird an den Küsten und in den vielen Seen und
Flüssen Norddeutschlands sehr stark betrieben; in Süddeutschland, wo
es weniger Gelegenheit dafür, und wenige Fische giebt, ist sie unbe-
deutend.
Die Viehzucht findet man in Deutschland auf allen Stufen. Auf
dem Alpengebirge besteht in den Hauslhieren häufig der ganze Reich-
thum vieler Familien, die, wie die Nomaden, ein Wanderleben füh-
ren, im Sommer zu Berg, im Winter zu Thal ziehen, und einzig
sich mit der Wartung und Pflege ihre» Diehes beschäftigen. Im ebe-