1869 -
Braunschweig
: Schwetschke
- Autor: Blanc, Ludwig Gottfried, Lange, Henry
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Europa
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
vil. Deutschland.
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von Würzburg, wo der Würzburger- oder Frankenwein gewonnen wird;
endlich auf einige Gegenden Böhmens und Oesterreichs. Der Wein,
welcher in Sachsen, Thüringen und Schlesien, an den Ufern der Elbe,
Saale und Oder wächst, hält mit den vorhergehenden keinen Vergleich aus.
Viel nördlicher fand man in früheren Jahrhunderten noch Weinberge, wie
der Name vieler Hügel in der Mark beweist; sie sind aber alle nach und
nach eingegangen, und nur wenige Ueberbleibsel bei Potsdam, ja sogar in
der Gegend von Danzig, verdienen noch als Merkwürdigkeit angezeigt zu
werden. In Deutschland ist Bier das allgemeine Getränk. ■— Außer diesen
allgemein bekannten Getreide- und Obstarten werden noch in Deutschland
folgende, für die Betriebsamkeit wichtige Pflanzen gebaut: Hanf und Flachs,
ersterer dein russischen nachstehend, letzterer ein Gegenstand von höchster
Wichtigkeit, besonders im schlesischen Gebirge und in einigen Gegenden
Westphalens, wo die feinste Leinwand und andere einfache und geblümte
Leinenzeuge verfertigt werden. Bis jetzt hat man sich noch vergebens
bemüht, ein mechanisches Mittel zu finden, die Holzfaser von dem Faden
beim Flachse zu trennen und so das Einweichen und halbe Faulen desselben
(Rösten) zu vermeiden, wodurch Bäche und Teiche verunreinigt und die
Luft verpestet werden. Aus dem Samen beider Pflanzen wird Oel gepreßt,
wovon das Leinöl besonders von einem sehr ausgezeichneten Gebrauche ist.
Der Anbau der Oelpslanzen, vorzüglich des Rübsamens und Rapses, hat
in neueren Zeiten sehr zugenommen und den Gebrauch des ehemals allge-
mein üblichen Wallfischthrans zum Brennen sehr beschränkt. Selbst genieß-
bare Oele liefern: der Mohn, welcher zu diesem Zweck hin und wieder,
z. B. in der Gegend von Erfurt, in großer Menge gebaut wird, und die
Frucht der Buche, gewöhnlich Bucheckern genannt. Frisch ist dies Oel
vom reinsten Geschmack, nur wird es viel schneller ranzig als das edlere
Oel der Olive, welches Deutschland entbehrt. Ferner der Taback, welcher
aus Amerika stammt und um das Jahr 1560 zuerst durch einen franzö-
sischen Gesandten am portugiesischen Hofe, Ni cot (daher der lateinische
'Name Nicotiana), bekannt wurde. Die Blätter dieser Pflanze werden
gesammelt, getrocknet, zu Rollen gesponnen und durch mancherlei Beizen zu
Rauch- und Schnupftaback zubereitet. Der amerikanische ist freilich bei
Weitem der beste, doch gedeiht er auch in Deutschland und wird hier und
da, besonders in der Pfalz, in der Gegend von Nürnberg, im Dessanischen,
in der Mark Brandenburg, Pommern u. s. w. mit Erfolg gebaut*). —
Der Hopfen, eine schöne Schlingpflanze, welche man in mehr als einer
Hinsicht den nordischen Wein nennen konnte. Er dient zur Hauptwürzung
des Biers und gedeiht am besten in Böhmen (Saaz), außerdem in Baiern
(Spalt in Mittelfranken) und vielen Gegenden Deutschlands. Die Runkel-
rüben, früher nur als Viehfutter benutzt, werden in großer Menge, um
Zucker daraus zu bereiten, angebaut; in manchen Gegenden ebenfalls
Gewürzkräuter, wie Kümmel, Anis, Fenchel. — Endlich werden noch ver-
schiedene Farbepflanzen in Deutschland gezogen, als: der Krapp, vorzüglich
in Schlesien und in der Pfalz; der Waid, eine rübenartige Pflanze, deren
*) Europa producirt mehr Taback als Amerika; nach einer neuen Berechnnn
(1866) kommen ans Europa 141 Millionen Kilogrammes und aus Amerika 12
Millionen Kilogrammes. ' '' '' ° ^ "