1869 -
Braunschweig
: Schwetschke
- Autor: Blanc, Ludwig Gottfried, Lange, Henry
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Europa
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
Vii. Deutschland. A. Staaten des Norddeutschen Bundes.
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des 14. Jahrhunderts die Vorstadt Sachsenhausen mit in die Befestigungen
der Stadt gezogen wurde. Seit 1356 war sie die gewöhnliche Wahl- und
Krönuugsstadt der deutschen Kaiser. Im Jahre 1806 ward sie dem Für-
sten Primas des Rheinbundes, Großherzog von Frankfurt, übergeben und
erhielt erst 1814 ihre Freiheit wieder. Seitdem war sie bis zur Auflö-
sung des deutschen Bundes 1866 beständiger Sitz der deutschen Bundes-
versammlung. Die Verfassung war eine demokratische; es existirte ein ge-
setzgebender Körper und ein Bürgerausschuß, die vollziehende Gewalt war
einem Senate übertragen. Seit dem ersten October 1867 ist die preußische
Verfassung eingeführt.
Frankfurt liegt am rechten Mainufer und ist durch eine schöne stei-
nerne Brücke, geschmückt mit Karls des Großen Standbild, mit dem am
linken Ufer gelegenen Stadttheile Sachsenhausen verbunden. Die ehe-
maligen Wälle sind abgetragen und theils in Straßen, theils in schöne
Lustanlagen verwandelt. Sie zählte 1864 78,245 Einw., worunter 5000
Juden, die sonst nur eine besondere, verschlossene Straße bewohnen dursten.
Die Mehrzahl der Einwohner ist lutherisch; doch haben auch die Katho-
liken 3, und die Reformirten 2 Kirchen in der Stadt. Im Ganzen ist
Frankfurt eng und winkelig gebaut; aber die Menge großer und schöner
Häuser zeigt den alten Wohlstand der Stadt, und es ist in neuerer Zeit
viel zu ihrer Verschönerung geschehen. Die schönsten Gegenden sind: die
zwar krumme, aber sehr breite Straße, die Zeit; die neue Mainzer
Straße, der Unter-Main-Quai, die Schöne Aussicht, letztere am
Mainufer; der große Platz am Schauspielhause und der Hauptwache, der
Roßmarkt u. a. Unter den Gebäuden zeichnen sich ans: der Römer
(das Rathhans), ein großes, im Innern höchst verworrenes, tut Aeußern
durch viele von allen Seiten angebaute Häuser unansehnliches Gebäude.
Man zeigt darin den mit den Bildnissen der Kaiser geschmückten Saal,
worin sie nach ihrer Krönung zu speisen pflegten (ein anschauliches Bild
einer Kaiserkrönung giebt Goethe im 1. Bde. „Ans meinem Leben"), und
das Original des von Karl I V. 1355 gegebenen Reichsgesetzes der goldenen
Bulle. Der Thurn- und Tapissche Palast, worin früher die Bundesver-
sammlung ihre Sitzungen hielt. Der Dom oder die Bartholomäuskirche,
worin mehrere schöne Denkmäler und eine kleine Kapelle, in welcher
das Conclave (die Versammlung) der Kurfürsten zur Kaiserwahl gehalten
wurde, ist durch ein großes Feuer 1867 zum großen Theil zerstört, doch
wird er wieder hergestellt werden. Die neue Paulskirche, wo 1848 die
Nationalversammlung ihren Sitz hatte, das Hans zum Braunfels, die neue
Börse, das große Waisen- und Armenhaus, das neue Hospital zum heiligen
Geist, das von den Gebrüdern Rothschild erbaute israelitische Krankenhaus
mit einer prachtvollen Synagoge; das dentscke Ordenshaus in Sachsen-
hausen dicht an der Brücke. Die Schulen gehören zu den vorzüglichsten
Deutschlands. Zu den zahlreichen Anstalten für Wissenschaften und Wohl-
thätigkeit gehören: die Stadtbibliothek von 100,000 Bänden; die Senken
bergische Stiftung für Naturgeschichte, seit 1763, mit zoologischen Samm-
lungen (z. B. Rüppels), einem botanischen Garten und einem trefflichen
Hospiiale; die neuerlich von dem Bürger Städel gestiftete und mit seinem
ganzen Vermögen ausgestattete, wichtige Kunstsammlung und Schule; Beth-