1869 -
Braunschweig
: Schwetschke
- Autor: Blanc, Ludwig Gottfried, Lange, Henry
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Europa
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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À. Europa.
sie glückliche Zeiten verlebten. Aber nach dem Tode Konrads, Sohns
Friedrichs Il, riefen die Päpste, ewige Feinde der Hohenstaufen, den Karl
von Anjou, einen Bruder Ludwigs des Heiligen, welcher auch den Vor-
mund des jungen Conradin, Manfred, der sich selbst zum Könige aufge-
worfen, besiegte und das Reich in Besitz nahm. Conradin, der letzte
Sprößling jenes edlen Haches, als Kind in Deutschland erzogen, kam mit
einem Heere nach Italien, um sein unbestreitbares Recht zu behaupten;
aber in der Schlacht bei Aguila oder Tagliacozzo 1268 gefangen, ließ der
unedle Sieger ihn 1269 zu Neapel enthaupten. Vor seinem Tode hatte
er seinen Verwandten Peter, König von Aragon zum Erben ernannt, und
dieser entriß auch Karl glücklich Sicilien, nachdem alle Franzosen auf
dieser Insel am 30. März 1282 (die sicilianische Vesper) waren ermordet
worden. Bis 1442 blieben beide Länder getrennt, wo Alphons V. von
Aragon nun auch Neapel erwarb. Nach seinem Tode wurden sie wieder
getrennt; sein Bruder Johann Ii. erbte Sicilien, und von diesem erbte es
Ferdinand der Katholische von Spanien. Neapel aber fiel Ferdinand, einem
natürlichen Sohne Alphons V. zu; doch wurden seine Nachfolger von Fer-
dinand dem Katholischen vertrieben, und so blieb das Reich beider Si-
cilien von 1504 an zwei Jahrhunderte hindurch bei Spanien mid wurde
von Vicekönigeu regiert.
Wichtiger, als diese zunr Theil unbedeutenden politischen Angelegen-
heiten, ist die Betrachtung des Wiederauflebens der Künste und Wissen-
schaften in Italien, wo sie nach langen Jahrhunderten der Barbarei zuerst
wieder eine günstige Aufnahme fanden und besonders im 15. und 16.
Jahrhundert im herrlichsten Verein, wie in keinem anderen Lande Europas,
blühten. Wir geben also hier eine kurze Uebersicht der italienischen
Kunst und Literatur, welche wir, um Unterbrechungen zu vermeiden,
gleich bis auf die neueste Zeit hinabführen.
Kunst.
Die künstlerischen Unternehmungen, welche, unabhängig von den groß-
griechischen Colonien, in Italien zur Ausfiihrunz kamen und dem Volke der
Etrusker angehören, bereiteten zunächst den Boden vor, auf welchem nach-
mals sich die römisch-griechische Kunst in ihrem selbstständigen Glanze
entfaltete. Besonders berühmt sind die in Thon und Bronze gearbeiteten
Bildwerke der ettuskischen Künstler, ihre Gräber und manche Bauwerke.
Mit Roms steigender Macht stellte sich das Bedürfniß des künstlerischen
Schmuckes ein, wozu die hoch ausgebildete Kunst der Griechen ebenso wür-
dige als glanzvolle Formen lieferte. So entwickelte sich erst bei den Rö-
mern Liebe zur Kunst und Geschmack; ihre wichtigsten Leistungen erblicken
wir in der Architektur, deren Blüthe in das Zeitalter des Julius Cäsar
fällt. An die Stelle der älteren etruskischen Meister traten später griechische
Bildhauer und übersiedelten seit dem letzten Jahrhundert v. Chr. die Rach-
blüthe der griechischen Sculptur nach Rom, wobei sich eine eigenthümliche
römische Behandlungsweise der Kunst entwickelte. Nach der ersten Hälfte
des 2. Jahrhunderts n. Chr. sank die Kunst erst allmälig, dann immer