1869 -
Braunschweig
: Schwetschke
- Autor: Blanc, Ludwig Gottfried, Lange, Henry
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Europa
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
Ix. Italien.
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den
zurückgeführt werden konnte. Daher fand auch bis in die neueste Zeit die
revolutionäre Ziovine Italia in Modena größeren Anhang, als in irgend
sonst einem italienischen Staate. Auch im Kirchenstaate, besonders im nörd-
lichen Theile desselben, der sogenannten Romagna, und ganz vorzüglich zu
Bologna, Ravenna, Ancona u. s. w. brachen zu gleicher Zeit und später
die heftigsten Unruhen ans. Die wenigen päpstlichen Truppen begingen
dabei so schändliche Greuel, daß die Oeslerreicher, welche bald einrückten,
als Beschützer und Befreier mit offenen Armen empfangen wurden.' Die
Greuel zu beschreiben, welche unter Ferdinand I. in Neapel durch
Minister Canosa nach der Wiederherstellung des absoluten Regiments ge-
gen die Carbonari und alle in irgend einer Weise wegen Freisinnigkeit ver-
dächtig Gewordenen verübt wurden, ist nicht dieses Ortes. Ein neuerer
Schriftsteller (Coletta, Geschichte des Königreichs Neapel, 1854» giebt
die Zahl der Verbannten, Eingekerkerten, Hingerichteten zu 100,000 an.
Was Wunder, daß auch später unter Ferdinand Ii. der Zeitpunkt dauern-
der Ruhe noch nicht eingetreten; die Gefängnisse waren in Neapel und
Sicilien voll von Staatsverbrechern, die Censur wurde verschärft, der Volks-
unterricht hatte in manchen Staaten sogar wieder Rückschritte gemacht und
die Jesuiten hatten wieder ein größeres Ansehen erlangt. Nicht blos der
Boden ist vulcanischer Natur, auch der Geist der Bewohner des Landes
hat etwas von der Beschaffenheit des Landes. Der Geist, in welchem die
meisten Staaten regiert wurden, trug zur Fortdauer dieser Verhältnisse
wesentlich bei. Ausländisches Militär mußte in den päpstlichen Staaten die
Ruhe aufrecht erhalten, in Sicilien brach 1856 ein neuer Empörungsver-
such aus; England und Frankreich hatten, um den König von Neapel zu
milderen, menschlicheren Regierungsmaßregeln zu bestimmen, 1856 ihre Ge-
sandten zurückgezogen, leider ohne den gewünschten Erfolg. Der Zustand
war an vielen Orten trostlos. Rühmliche Ausnahme machte das Königreich
Sardinien, welches in zeitgemäßem, liberalem Sinne regiert wurde und auf
dem Wege der Entwickelung fortschritt. Im Stillen beschäftigten sich Männer
aus den verschiedensten Schichten der Bevölkerung mit der Idee, den er-
drückenden Einfluß Oesterreichs und die Hierarchie zu beseitigen und die
ganze Halbinsel unter einen Scepter zu vereinigen. Zu den eifrigsten
Anhängern des Planes, den italienischen Einheitsstaat zu schaffen, gehörten
der Minister des Königs Victor Emannel, Graf Cavour und der König
selbst. Zur Ausführung der Idee bedurfte Sardinien der Bundesgenossen
und für eine Erweiterung der französischen Grenze durch Abtretung des Her-
zogthums Savoyen und der Grafschaft Nizza ließ sich Napoleon Iii. zu
einer Allianz mit Sardinien gegen Oesterreich bereit finden. Wenn ein-
zelne Individuen oder Staaten mit einander Händel suchen, ist der Grund
sehr bald gefunden, so auch hier. Es fanden Verhandlungen statt, um den
Krieg zwischen Sardinien und Frankreich einerseits und Oesterreich anderer-
seits zu verhindern. Rußland machte sogar den Vorschlag eines Congresses
mit der Basis: „Friede zwischen Oesterreich und Sardinien, Räumung des
Kirchenstaats von österreichischen und französischen Truppen; Bildung einer
italienischen Conföderation; Eintritt von Reformen." Das Wiener Cabinet
nahm keine Vorschläge an, es war aber auch langsam in der Vorbereitung
zum Kriege. Endlich, arn 29. April, überschritt die österreichische Armee